Darmbakterien der Mutter stärken das Neugeborene
Inselspital, Bern University Hospital
Es ist schon lange bekannt, dass Muttermilch beim Stillen Nährstoffe und Antikörper liefert, welche das Baby vor Infektionen schützen. Trotz dieser Ernährung durch die Mutter ist das Baby-Immunsystem sehr unreif und anfällig für Störeinflüsse. Die Wissenschaft nahm deshalb bisher an, der neugeborene Körper beginne erst nach der Geburt mit der Anpassung an die vielen Bakterien.
Forschende des Inselspitals Bern, der Universität Bern, des Krebsforschungszentrums Heidelberg und der ETH Zürich haben nun aber im Mausmodell herausgefunden, dass die Darmflora der Mutter bereits vor der Geburt Babys für die mikrobielle Besiedlung nach der Geburt vorbereitet.
Bakterien-Invasion nach der Geburt
Bei der Geburt wechselt das Baby von der sterilen, geschützten Umgebung der Gebärmutter in eine Welt, in der es von Bakterien nur so wimmelt. Rasch nach der Geburt besiedeln Mikroorganismen alle Körperoberflächen. Schon nach wenigen Tagen befinden sich im Darm zehnmal so viele Bakterien wie Zellen im ganzen Körper.
Neugeborene Babys überleben diese plötzliche Welle von eindringenden Bakterien im Normalfall ohne Probleme. Noch immer sterben aber weltweit jährlich über 6 Millionen Kinder unter 5 Jahren, die meisten von ihnen in Folge von Darminfektionen und Mangelernährung. Das grösste Problem nach der Geburt: Der Darm muss mit Mikroben besiedelt werden, ohne das Neugeborene zu infizieren und ohne die Darm-Kapazität zur Aufnahme von Nährstoffen einzuschränken.
Ungefährliche Moleküle aus dem Darm
Gemäss den Berner Forschungserkenntnissen können Moleküle der Bakterien, die im mütterlichen Darm leben, in den Körper der Mutter eindringen. Sie werden via Plazenta oder nach der Geburt über die Muttermilch an das Kind weitergegeben. Diese bakteriellen Bestandteile sind ungefährlich, sie rufen keine Infektion hervor. Stattdessen stimulieren sie Zellen im Körper des Babys und wappnen dessen Immunsystem und Darm für den Moment nach der Geburt, wenn das Neugeborene selber mit lebenden Bakterien im eigenen Darm umgehen muss.
Forschungsleiter Prof. Andrew Macpherson, Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin des Inselspitals Bern: „Wir wussten immer schon, dass wir unseren Müttern für ihre Liebe und ihre schützende Zuneigung dankbar sein dürfen. Jetzt wissen wir, dass wir ihnen auch für ihre Darmflora danken sollten.“
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