Mikroreaktor statt Tierversuch

03.02.2016 - Deutschland

Europaweit arbeiten Forscher an Messverfahren, mit denen sich schädliche Nebenwirkungen von Medikamenten ohne Tierversuche bewerten lassen. Viele dieser alternativen Methoden aber bereiten noch Probleme. In einem europäischen Verbundprojekt wurde deshalb ein Mikrobioreaktor entwickelt, in dem sich Leberzellproben sehr gut kultivieren lassen. Anders als im Tierversuch kann man damit erstmals live mitverfolgen, wie eine Substanz auf das Gewebe wirkt.

© Foto Fraunhofer IZI

Prototyp des Bioreaktors HeMiBio.

Die Zahl der Tierversuche in der Forschung soll künftig deutlich verringert werden. So hat die Europäische Union mit der EU-Kosmetikverordnung 2013 unter anderem den Handel von Kosmetika verboten, deren Inhaltsstoffe mit Hilfe von Tierversuchen geprüft wurden. Doch nicht nur in der Kosmetikindustrie, auch in der medizinischen Forschung fällt der Umstieg auf alternative Verfahren schwer. In vielen Fällen fehlt es an Methoden, um die Giftigkeit von Substanzen zu testen. Zahlreiche Forschergruppen arbeiten an neuen aussagekräftigen Verfahren.

Besonders vielversprechend sind unter anderem Testverfahren mit Leberzellkulturen. Die Leber ist das wichtigste Entgiftungsorgan des Körpers. Daher ist es sinnvoll, die Giftigkeit, die Toxizität, von Substanzen an Leberzellen zu untersuchen. Dazu muss sichergestellt werden, dass alle Zellen gleichmäßig mit den Prüfsubstanzen in Berührung kommen. Zum anderen besteht das Problem, dass Leberzellen in Laborgefäßen meist schon nach wenigen Tagen absterben. Langzeitversuche, bei denen ermittelt wird, wie sich eine giftige Substanz langfristig auf einen Organismus auswirkt, sind damit kaum möglich.

Reaktion der Leberzellen in Echtzeit verfolgen

In dem Projekt »HeMiBio« haben Forscher vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI in Potsdam zusammen mit Partnern von der Hebrew University in Jerusalem einen Mikrobioreaktor entwickelt, in dem Leberzellen über einen Zeitraum von einem Monat gehalten und beobachtet werden können. Die Besonderheit besteht darin, dass die Forscher die Reaktion der Leberzellen auf die toxischen Substanzen unmittelbar und live mitverfolgen können. »Sowohl im Tierversuch als auch in herkömmlichen Laborversuchen führt man bislang in der Regel Endpunkt-Messungen durch«, sagt Dr. Claus Duschl, am IZI Leiter der Abteilung Zelluläre Biotechnologie. »Dabei verabreicht man verschiedene Dosen eines Wirkstoffs und analysiert anschließend das abgestorbene Gewebe oder das tote Tier. Wie der Wirkstoff im Detail auf die Zellen wirkt, kann man damit nicht ermitteln.«

Sensoren messen den Sauerstoffverbrauch

Ganz anders der Mikrobioreaktor: Mithilfe winziger Sensoren wird in Echtzeit ermittelt, wie viel Sauerstoff die Leberzellen gerade verbrauchen. Bei angeregtem Stoffwechsel ist der Verbrauch hoch. Stirbt die Zelle ab, sinkt auch der Sauerstoffverbrauch. Zellbiologen können heute an dessen Verlauf sogar ablesen, welche Stoffwechselprozesse zu einem bestimmten Zeitpunkt in Zellen ablaufen. Das machen sich die HeMiBio-Projektpartner zunutze. Gibt man eine toxische Substanz hinzu, nehmen die Sensoren des Mikroreaktors genau wahr, wie sich der Sauerstoffverbrauch verändert. So lässt sich exakt erkennen, welche Stufen im Stoffwechselprozess der Wirkstoff beeinflusst oder unterbricht. »Im Projekt haben wir mit unseren Kooperationspartnern, Zellbiologen von der Hebrew University in Jerusalem, die Vermutungen überprüft, indem genau jene Substanzen ersetzt wurden, deren Produktion durch den Giftstoff blockiert wird«, erläutert Duschl. »Tatsächlich liefen danach die anschließenden Stoffwechselschritte ungestört weiter.«

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Diese Produkte könnten Sie interessieren

Biostat STR

Biostat STR von Sartorius

Biostat STR Bioreaktoren der Generation 3

Entwickelt für ultimative Upstream-Leistung

Bioreaktoren
Ambr® 250 Modular

Ambr® 250 Modular von Sartorius

Mini-Bioreaktoren für Zell- und Gentherapien mit hoher Skalierbarkeit

Maximieren Sie Ihre Prozessentwicklung mit zuverlässigen Einweg-Gefäßen

Bioreaktoren
Ambr® 250 HT Consumables

Ambr® 250 HT Consumables von Sartorius

Effiziente Bioprozesse mit Einweg-Bioreaktoren

Minimieren Sie Reinigungsaufwand und maximieren Sie Flexibilität für Zell- und Mikrobiolkulturen

Bioreaktoren
Brooks Instrument SLA Biotech-Serie

Brooks Instrument SLA Biotech-Serie von Brooks Instrument

Steuern Sie Bioprozesse effizient und präzise mit Durchflussreglern für Biotechnologie-Anwendungen

Die SLA Biotech-Serie ist speziell auf die Anforderungen in Bioprozessen hin entwickelt worden

Massendurchflussregler
SLAMf Biotech-Serie Massendurchflussregler

SLAMf Biotech-Serie Massendurchflussregler von Brooks Instrument

SLAMf Durchflussregler mit robustem Gehäuse (IP66 / NEMA 4X)

Spezielle Ausstattung für Biotech-Prozessanlagen, geeignet für Spritzwasser und Hochdruckreinigung

Massendurchflussregler
Flexcell Systems

Flexcell Systems von Dunn

Flexcell Zelldehnungsbioreaktoren für zelluläre Biomechanik-Anwendungen

Weltweit in über 1300 Laboratorien eingesetzt und in über 4000 Forschungspublikationen zitiert

Bioreaktoren
Loading...

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Heiß, kalt, heiß, kalt -
das ist PCR!