Neuer Ansatz gegen die Bluterkrankheit

19.01.2016 - Deutschland

Mit körpereigenen Zellen die Bluterkrankheit Hämophilie A bekämpfen: Das ist das Ziel eines neuen internationalen Forscherkonsortiums, das von Würzburger Wissenschaftlern geleitet wird. Die EU finanziert das Projekt mit rund 5,5 Millionen Euro.

Menschen, die an der Bluterkrankheit Hämophilie A leiden, mangelt es an einem bestimmten Protein, das wichtig für die Blutgerinnung ist – dem Gerinnungsfaktor VIII. Nach Verletzungen treten bei ihnen im Extremfall unstillbare Blutungen auf; bei inneren Blutungen, insbesondere im Kopf- und Hirnbereich, besteht für sie Lebensgefahr. Häufig vorkommende Blutungen in Gelenken können außerdem unbehandelt zu bleibenden Schädigungen bis hin zur vollständigen Zerstörung der Gelenke führen.

Zwar lassen sich die Symptome der Krankheit heute gut behandeln, für die Betroffenen jedoch gibt es noch keine kurativen Heilung. Sie müssen lebenslang teilweise mehrmals pro Woche Infusionen erhalten, die ihrem Körper den fehlenden Gerinnungsfaktor zuführen.

Gentechnisch veränderte Zellen produzieren den Gerinnungsfaktor

Ein internationales Forschungskonsortium will deshalb jetzt eine neue kurative Therapie entwickeln. Die Idee: Körpereigene Zellen der Patienten sollen außerhalb des Körpers gentechnisch so verändert werden, dass sie den fehlenden Gerinnungsfaktor produzieren. Zur Verwendung kommen dabei Vorläuferzellen von Endothelzellen, die im Blut herumschwimmen. Anschließend werden diese Zellen in einer Art „Zelltasche“ in den Körper des Patienten zurück transplantiert.

Die Taschen bestehen aus einem Kunststoff und sind etwa sechs mal acht Zentimeter groß. Sie werden unter der Bauchdecke implantiert und, nachdem sie ins Gewebe eingewachsen sind, über eine Art Ventil mit den gentechnisch veränderten Zellen befüllt. Weil die Taschen mit dem Blutkreislauf verbunden sind, können die Zellen kontinuierlich und über einen langen Zeitraum hinweg den Gerinnungsfaktor produzieren und ins Blut abgeben. Damit sollte die Therapie die Auswirkungen der Krankheit spürbar lindern, die Lebensqualität der Betroffenen signifikant erhöhen und die Therapiekosten senken.

Das Forschungskonsortium

HemAcure lautet der Name des neuen Forschungskonsortiums. Daran beteiligt sind Firmen und wissenschaftliche Einrichtungen aus Deutschland, Italien, Großbritannien und Kanada. Die Europäische Union finanziert das Projekt im Rahmen ihres Horizon 2020-Programms mit rund 5,5 Millionen Euro innerhalb der nächsten drei Jahre. Die Leitung liegt bei Dr. Joris Braspenning, Mitarbeiter am Lehrstuhl für Tissue Engineering und Regenerative Medizin des Universitätsklinikums Würzburg.

Die Beteiligten

Neben dem Lehrstuhl für Tissue Engineering und Regenerative Medizin des Universitätsklinikums Würzburg sind folgende Einrichtungen an HemAcure beteiligt: Das Münchner Unternehmen GABO:mi, spezialisiert auf das Management von EU-geförderten Verbundforschungsprojekten, verantwortet das Projektmanagement. IMS - Integrierte Management Systeme in Heppenheim, Ansprechpartner bei internationalen Projekten in der Pharma- und Medizintechnikbranche, überwacht das Qualitätsmanagement.

Am Würzburger Universitätsklinikum werden die Zellen isoliert, außerdem soll der gesamte Prozess nach GMP-Leitlinien etabliert werden.

An der Università del Piemonte Orientale (Italien) werden die Zellen gentechnisch korrigiert. Wissenschaftler an der Loughborough University (Großbritannien) konzentrieren sich auf den Herstellungsprozess und die Sicherheitskontrolle. Sernova, ein kanadisches Unternehmen, liefert die „Zelltaschen“ für die Implantation der therapeutischen Zellen.

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