Was die Haut im Innersten zusammenhält

16.12.2015 - Deutschland

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung des Zellbiologen Prof. Thomas M. Magin von der Universität Leipzig hat grundlegend neue Erkenntnisse über die Funktion von Keratinen (Zellskelett) für den Zusammenhalt der Hautzellen gewonnen. Sie fanden heraus, dass bestimmte Keratine wichtige Bausteine der Hautbarriere sind. Außerdem werden sie gebraucht, um den geordneten Einbau der anderen Bausteine in die Haut zu gewährleisten. "Die Haut reagiert auf den Keratinverlust mit dem Versuch, die Barriere um jeden Preis über Reservebausteine zu reparieren", erklärt Magin. Wie die Untersuchungen zeigten, geht das aber ohne ein Keratin-Zellskelett nicht. Die Folgen sind ein starker Wasserverlust sowie eine entzündliche Haut.

Die Wissenschaftler, deren Arbeit von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird, konnten die fundamentale Bedeutung des Keratin-Zellskeletts für die Widerstandsfähigkeit der Haut und die Aktivität von Mitochondrien nachweisen, den "Kraftwerken" der Zelle. Dies sind spezielle Zellorganellen mit Doppelmembranen. Mit einem genetischen Verfahren wurden Keratine - der Hauptbestandteil des Zellskeletts und von Säugetierhaaren, -nägeln, -hörnern und Ähnlichem - aus der Haut von Mäusen entfernt und die Folgen analysiert. Dabei kamen zwei wichtige Defekte ans Tageslicht: Erstens waren die Zusammensetzung und Funktion der Hautbarriere nachhaltig gestört.

Ein zweiter Befund war für die Wissenschaftler noch überraschender: Die richtige Verteilung und die Aktivität von Mitochondrien werden von Keratinen gesteuert. Diese wichtige Funktion war bisher nicht bekannt. Bei der Analyse von hornbildenden Zellen mit Keratindefekten war den Forschern aufgefallen, dass sich die Mitochondrien als Folge dieses Defektes nicht mehr um den Zellkern herum, sondern durch die gesamte Zelle verteilen. Außerdem waren diese Mitochondrien aktiver, zeigten eine andere Zusammensetzung und verbrauchten deutlich mehr Sauerstoff. "Dazu passt, dass die Haarbildung in der Haut der Mäuse beeinträchtigt war - ein Prozess, von dem man seit Kurzem weiß, dass daran auch Mitochondrien mitwirken", erklärt Magin, der am Institut für Biologie der Universität Leipzig forscht und Professor für Zell- und Entwicklungsbiologie ist.

Diese Neuerungen liefern auch wichtige Informationen zum Verständnis der seltenen, durch einen Gendefekt verursachten Hautkrankheit Epidermolysis bullosa simplex, von der in Deutschland etwa 2.000 bis 3.000 Familien betroffen sind. Mutationen in Keratin-Genen verursachen diese schwere Erkrankung, bei der die Haut schon bei geringer mechanischer Belastung schmerzende Blasen bildet. Dies führt zu vielen Komplikationen wie chronischen Entzündungen. Als Folge dieser Mutationen kollabiert das Maschenwerk des Zellskeletts. "Weil man bisher nicht verstanden hat, wie Mutationen in Keratin-Genen zu den vielfältigen Defekten führen, gibt es für Epidermolysis bullosa simplex und verwandte Erkrankungen keine Therapie", sagt Magin.

Die Haut ist das größte Flächenorgan des Menschen und schützt den Körper vor Austrocknung, Keimen, Sonnenlicht und mechanischer Belastung. "Sie ist ein wunderbares Forschungsobjekt, um das Wechselspiel von Genen, Umweltfaktoren und mechanischen Kräften zu studieren. Bei keinem anderen Organ wird das Wirken und Versagen von Genen so sichtbar wie bei der Haut. "Außerdem lassen sich ihre Zellen, die sogenannten Keratinozyten, leicht gewinnen, um zellbiologische Vorgänge auf molekularer Ebene zu untersuchen. Schließlich sind viele Erkenntnisse aus der Haut auf weniger gut zugängliche Organe übertragbar", sagt Magin.

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