Auf dem Weg zur Pflanzenöl-Bioraffinerie

Forschungsverbund stellt Plattformchemikalien und Produkte aus Pflanzenölen im Technikumsmaßstab her

11.12.2015 - Deutschland

Unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB haben 15 Partner aus Industrie und Forschung im Projekt „Integrierte Bioproduktion“ Verfahren zur Herstellung von Synthesebausteinen und Produkten aus pflanzlichen Ölen entwickelt und im Technikumsmaßstab erprobt. Die neuen Verfahren dienen der Herstellung chemischer Katalysatoren und Biokatalysatoren sowie zur Gewinnung spezieller Fettsäureester, Dicarbonsäureester und Epoxide - sie bilden den Grundstein für eine Pflanzenöl-Bioraffinerie. Ergänzend erfolgte eine ökonomische und ökologische Bewertung der Herstellungsverfahren und Produkte.

FNR/Hardy Müller

Bioraffinerie

Im Mittelpunkt der Forschung stand die Verwendung nachwachsender Rohstoffe, vor allem heimischer pflanzlicher Öle, zur Herstellung von Synthesebausteinen für die chemische Industrie unter Einsatz chemischer und biotechnologischer Konversionsmethoden. Zu den hergestellten Produkten zählten Emulgatoren, Tenside, Schmierstoffe, Polymere für Beschichtungen, Hydrophobierungsmittel und Flockungshilfsmittel.

Der Beginn der Herstellungskette, die Rohstoffbereitstellung, war expliziter Bestandteil des Vorhabens. Die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) testete dazu den Anbau und die möglichst wirtschaftliche Ölgewinnung aus den Pflanzen Iberischer Drachenkopf, Krambe, Koriander und Eruca-Raps. Tall-, Senf- und Holunderkernöl wurden zusätzlich auf dem Markt beschafft. Die Öle bzw. Ölpflanzen hatten die Wissenschaftler ausgewählt, da sie auch in Mitteleuropa auf marginalen Böden kultivierbar sind und für die Nahrungs- oder Futtermittelherstellung derzeit keine Bedeutung haben. Andere der Öle sind Nebenprodukte; als besonders groß wird hier das Potenzial von Tallöl eingeschätzt, das bei der Zellstoffproduktion anfällt.

In einem zweiten Projektschwerpunkt entwickelten die Wissenschaftler geeignete Verfahren, um die Öle zu verschiedenen Synthesebausteinen zu verarbeiten. Forscher der Pilotanlage des Fraunhofer IGB am Standort Leuna und die industriellen Projektpartner skalierten die entwickelten Verfahren bis in den Technikumsmaßstab.

Zu den besonders vielversprechenden Verfahren gehören die Herstellung von Biokatalysatoren durch Eucodis Bioscience und die Universität Halle-Wittenberg, die Synthese chemischer Katalysatoren durch den Materialtechnologie-Konzern Umicore sowie die mikrobiologische Herstellung langkettiger Dicarbonsäuren, die chemisch katalysierte Metathese zur Synthese langkettiger Dicarbonsäureester und die enzymatische Epoxidierung verschiedener Pflanzenölderivate.

Was die Eignung der Pflanzenöle betrifft, hat sich das Öl aus dem Iberischen Drachenkopf aufgrund des herausragend hohen Anteils mehrfach ungesättigter Fettsäuren als besonders interessant für den Einsatz in Polymerapplikationen erwiesen. Erucasäurereiche Öle aus Senf, Krambe oder Erucaraps lassen sich gut im Schmiermittelbereich verwenden. Für die chemische Herstellung von Dicarbonsäureestern wiederum eignen sich Pflanzenöle mit einem hohen Gehalt an einfach ungesättigten Fettsäuren am besten. Sie sind beispielsweise im Öl der High-Oleic-Sonnenblume enthalten. Die Begleitforschung zeigte aber auch, dass für eine wirtschaftliche Nutzung bei einigen dieser Kulturpflanzen noch Züchtungsbedarf besteht, um etwa den Ölgehalt und Kornertrag zu erhöhen oder Krankheitsresistenzen zu etablieren. Um die pflanzenölbasierten Bausteine wirtschaftlich herstellen zu können, ist zudem die Verwertung anfallender Nebenprodukte wünschenswert, beispielsweise durch Nutzung in der Futtermittelindustrie. Hierfür müssen die Nebenprodukte von Drachenkopf, Krambe und Koriander in die Positivliste für Futtermittel aufgenommen werden.

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