Bewegung durch Blockade: Chemikalie zwingt Stammzellen zur Weiterentwicklung

Neuer Ansatz zur Untersuchung von Stammzellen

18.11.2015 - Deutschland

Stammzellen bleiben nur dann Stammzellen, wenn die richtigen Teile des Erbguts aktiv sind. Nun ist es Wissenschaftler des Universitätsklinikums Freiburg in tierischen Zellen erstmals gelungen, einen wichtigen Erbgut-Organisator der Stammzellen chemisch zu blockieren. Daraufhin entwickelten sich die Stammzellen unkontrolliert oder zu schnell. Das Vorgehen erlaubt detailliertere Untersuchungen der Erbgut-Aktivität in Stammzellen und auch in Krebszellen. Bei letzteren ist der untersuchte Erbgut-Organisator oft übermäßig aktiv. Bei dem von britischen Kollaborationspartnern entwickelten chemischen Hemmstoff handelt es sich um einen veränderter Vorläufer der Acetylsalicylsäure.

T. Günther / Universitätsklinikum Freiburg

Embryonale Stammzellen, die mit dem Hemmstoff PFI-3 behandelt wurden, entwickeln sich unkontrolliert und verlieren ihre Form. Rechts: unbehandelte Stammzellen.

Erbgut-Aktivierung wird verhindert

Ziel der Hemmung war der Molekülkomplex BAF. Er spielt bei der Entwicklung und Spezialisierung von Stammzellen und in der Tumorentstehung eine wichtige Rolle. Der chemische Hemmstoff PFI-3 bindet BAF gezielt an einer Stelle, die für die Aktivierung des Erbguts von Bedeutung ist.

„Die Substanz verändert bereits in geringer Konzentration den Charakter der Stammzellen und beeinflusst außerdem ihre Art der Entwicklung“, sagt Dr. Thomas Günther, Gruppenleiter an der Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Freiburg. Damit lässt sich nun die Bedeutung des Molekülkomplexes genauer erforschen.

Embryonale Stammzellen entwickelten sich unkontrolliert

Für die Studie hatte die Doktorandin Josefina Castex aus der Arbeitsgruppe von Dr. Günther verschiedene Stammzell-Typen der Maus untersucht. Sie behandelte die isolierten Zellen für acht Tage mit dem Hemmstoff.

Stammzellen, die später die Plazenta ausbilden, entwickelten sich im Versuch schneller zu spezialisierten Zellen, behielten dabei aber ihre normalen Eigenschaften. Embryonale Stammzellen dagegen verloren ihre Eigenschaften und entwickelten sich unkontrolliert weiter. Die Forscher werden nun die genauen Wechselwirkungen zwischen Hemmstoff, Aktivator und Erbgut untersuchen.

Einfluss auf Krebszellen noch unklar

Auch den Einfluss auf Krebszellen untersuchten die Forscher. „Bestimmte BAF-Varianten stehen im Verdacht, Krebs zu fördern“, sagt Prof. Dr. Roland Schüle, wissenschaftlicher Direktor der Klinik für Urologie und Direktor der Zentralen Klinischen Forschung des Universitätsklinikums Freiburg. „Darum wäre ein zuverlässiger Hemmstoff für BAF auch therapeutisch höchst interessant.“ Zwar hatten die Forscher bei einer ersten Untersuchung keinen direkten Einfluss auf Krebszellen festgestellt. Wie Krebszellen mit anderen BAF-Varianten auf die Behandlung reagieren, ist bislang noch unklar.

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