Neues menschliches Zellkulturmodell für Schmerz
Die Entwicklung und Etablierung menschlicher Schmerzmodelle wird weltweit in nur sehr wenigen Zentren durchgeführt, eines davon ist die FAU. Die Erlanger Forscher und Forscherinnen um Prof. Dr. Beate Winner, Leiterin der Nachwuchsgruppe III am Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) der FAU, und Prof. Dr. Angelika Lampert, zur Zeit der Studie am Institut für Physiologie und Pathophysiologie der FAU tätig, nutzten eine neue und mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Technologie: Aus einer kleinen Hautbiopsie werden menschliche Zellen in Kultur genommen und in Stammzellen umgewandelt. Diese pluripotenten Stammzellen lassen sich zu jedem beliebigem Zelltyp entwickeln, so auch zu menschlichen Nervenzellen, die Schmerzreize detektieren und ans Gehirn weiterleiten: den sogenannten Nozizeptoren.
Erstmals wurden diese Nozizeptoren mit der sogenannten Patch-Clamp-Technologie – einer speziellen Messmethode, um deren elektrische Aktivität zu bestimmen – verknüpft und eine detaillierte Analyse bestimmter, nur in Neuronen vorkommender Membranproteine durchgeführt. Dreh- und Angelpunkt des Forschungsprojekts war der Einstrom von Ionen in die Neuronen, der die Nervenzellen elektrisch aktiviert. „In den Nozizeptoren konnten wir nachweisen, dass für Schmerzzellen ganz typische Ionenkanäle vorhanden sind. Zusätzlich haben wir einen Ionenkanal entdeckt, den man bisher nur in der Embryonalentwicklung kannte und der für die Aktivität und Kommunikation der Neurone zentral ist", sagt Prof. Dr. Beate Winner. „Dies ist ein wichtiger Befund, der zukünftig bei der Untersuchung dieser humanen Schmerzzellen beachtet werden muss, da dies die Aktivität der Zellen beeinflussen kann“, fügt Esther Eberhardt, Assistenzärztin in der Anästhesiologischen Klinik der FAU und eine der drei Erstautoren dieser interdisziplinären Kooperation, hinzu.
Den FAU-Wissenschaftlern ist es somit gelungen, in humanen Schmerzneuronen den schnellen, aktivierenden Ioneneinstrom detailliert zu charakterisieren, der sich deutlich von Befunden in Schmerzneuronen in Nagetieren unterscheidet. „Die Ergebnisse erlauben es, Schmerzen in Zukunft besser zu erforschen", sagt Diana Schmidt, Doktorandin am IZKF und ebenfalls Erstautorin dieser Arbeit.
Damit eröffnet sich die Möglichkeit, neue Erkenntnisse über die Funktionsweise der Schmerzentstehung zu gewinnen. Letztendlich tragen die Erlanger Forschungsergebnisse dazu bei, gezieltere und bessere Medikamente für Schmerzpatienten zu entwickeln, da Nozizeptoren mit Hilfe der Stammzelltechnologie zukünftig auch direkt von Schmerzpatienten gewonnen werden können.
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