Biomoleküle im Fokus

Neues NMR-Zentrum zur Strukturaufklärung von Biomolekülen für die Genom- und Proteinforschung in Göttingen eröffnet

01.11.2002

Das Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen feiert am 4. November 2002 ab 14.30 Uhr offiziell die Einweihung eines neuen Gebäudes für die von Prof. Christian Griesinger geleitete Abteilung "NMR-basierte Strukturbiologie". Kernstück des Gebäudes ist ein 5 Mio. Euro teures NMR-Spektrometer, mit dem sich die Feinstrukturen von Molekülen in Lösung untersuchen lassen. Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Peter Gruss, sowie der Geschäftsführende Direktor des Instituts, Prof. Reinhard Jahn, können zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland zur Eröffnung begrüßen, darunter Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung und Forschung, Thomas Oppermann, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur, Jürgen Danielowski, Oberbürgermeister der Stadt Göttingen sowie Prof. Horst Kern, Präsident der Georg-August-Universität Göttingen. Festvorträge halten Prof. Richard Ernst, ETH Zürich und Nobelpreisträger in Chemie im Jahre 1991, zum Thema "Our Responsibilities Beyond Basic Research", Prof. Christopher Dobson, Universität Cambridge/UK über "Protein Folding, Evolution and Disease: Bringing Together Experiment and Theory" und Prof. Alexander Pines, Berkeley/USA, über "NMR and MRI at a Distance". Bereits am Vormittag findet am Institut ein wissenschaftliches Symposium mit hochrangigen internationalen Gästen statt, an das sich eine Besichtigung des NMR-Gebäudes anschließt.

Das Forscherteam um Prof. Christian Griesinger hat sich zum Ziel gesetzt, das Verfahren der kernmagnetischen Resonanz (NMR-Spektroskopie) weiterzuentwickeln und es auf strukturbiologische Fragestellungen anzuwenden - unter anderem im Bereich der Signaltransduktion und der Umfaltungsreaktionen (Prionen), auf Rezeptorproteine und Ribonukleinsäuren. Die Biomoleküle werden dabei in ihrer physiologischen Umgebung, also in wässriger Phase oder Membranumgebung, untersucht. Hiervon versprechen sich die Forscher eine zuverlässigere Beschreibung der Struktur und Dynamik von Proteinen und Ribonukleinsäuren, eine wichtige Basis auch für die Entwicklung neuer Pharmaka. Die Wissenschaftler wollen die Möglichkeiten der NMR-Spektroskopie, die derzeit durch das Molekulargewicht der untersuchbaren Moleküle begrenzt wird, mit neuen Anregungsschemata und verbesserten Markierungsstrategien mit NMR-aktiven Kernen überwinden. Zugleich sollen durch die Messung bisher ungenutzter NMR-spektroskopisch feststellbarer Parameter die Strukturbestimmung beschleunigt und damit neue NMR-Methoden für so genannte "Structural Genomics"-Projekte zur Verfügung gestellt werden. Dazu werden Informationen über die Dynamik der Moleküle im Picosekunden- bis Sekundenbereich mit derb Kinetik und Funktion der Moleküle korreliert. Mit Hilfe der "Magischer-Winkel-Rotations-Spektroskopie" entwickelt die Abteilung zudem NMR-spektroskopische Methoden zur Bestimmung der Struktur von Membranproteinen - außerordentlich wichtige Zielmoleküle für die Entwicklung von Pharmaka.

Die technischen Voraussetzungen für Experimente in diesem Arbeitsgebiet sind sehr aufwändig. Den Forschern stehen insgesamt sieben NMR-Spektrometer zur Verfügung. Wegen ihrer starken Magnete - der größte hat eine Stärke von 21,1 Tesla, was etwa dem 420.000-fachen des Erdmagnetfelds entspricht - müssen die Geräte sehr gut isoliert in einer eigenen Halle aufgestellt werden, in der sich weder in den Decken noch Wänden magnetisierbares Material befindet. Deshalb war es erforderlich, für die neue Abteilung ein eigenes, abgetrenntes Gebäude zu errichten.

Das 7,5 Mio. Euro teure Gebäude umfasst 21.550 Kubikmeter umbauten Raum - 4 Stockwerke auf der Hangseite und eine große Halle zum Tal hin, in der die Magnete stehen. Die Auflage, beim Bau der Halle keine ferromagnetischen Materialien zu verwenden, führte zur Konstruktion einer vierzehn Meter hohen, frei stehenden Wand aus Mauerwerk. Die Bodenplatte wurde aus Beton (ohne Bewehrungseisen) gegossen. Das Dach der Halle ist aus Aluminiumblech und ruht auf einer Holzbinderunterkonstruktion ohne konventionelle (ferromagnetische) Nägel oder Schrauben. Neben der Halle liegen auf drei Stockwerken die Labor- und Technikräume und - in einem Stockwerk - auch die Büros der Wissenschaftler. Schon Anfang 2002, nur achtzehn Monate nach dem ersten Spatenstich, konnte die Abteilung von Prof. Griesinger einziehen und mit ihrer Arbeit beginnen.

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