Neue molekulare Marker für Hochrisiko-Neuroblastom

Neue Erkenntnisse über die Bedeutung umfassender Molekulardiagnostik bei Krebserkrankung im Kindesalter

16.10.2015 - Deutschland

Forscher der Universität Köln und der NEO New Oncology AG gaben die Ergebnisse einer umfassenden Genom-Analyse von Neuroblastomen bekannt. Neuroblastome sind bösartige Tumoren des sympathischen Nervensystems bei Kindern. Bei der aggressivsten Form dieser Tumorerkrankung konnten die Forscher nun bislang unbekannte Genomveränderungen identifizieren, die die Regulation des TERT-Gens (Telomerase reverse Transkriptase) beeinflussen. Diese neuen Erkenntnisse könnten zur Verbesserung von Tumordiagnose und -prognose sowie zur Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten für diese oft tödliche Krebserkrankung bei Kindern beitragen.

Das Neuroblastom ist eine der häufigsten Krebserkrankungen im Kindesalter, die sich in der Hälfte aller Fälle spontan zurückbildet oder sich mit geringem therapeutischen Aufwand heilen lässt. Bei der anderen Hälfte handelt es sich dagegen um Hochrisiko-Neuroblastome, die sich durch eine sehr schlechte Prognose selbst bei intensiver medizinischer Behandlung auszeichnen.

Bisher waren nur wenige molekulare Marker für das Hochrisiko-Neuroblastom bekannt, darunter Amplifikationen des MYCN-Onkogens und Mutationen des Transkriptionsregulators ATRX. Im Rahmen einer umfassenden Genomanalyse an über 200 Tumorproben konnten die Autoren der Studie nun genomische Rearrangements nahe TERT identifizieren. Diese ließen sich bei etwa einem Viertel aller Patienten mit Hochrisiko-Neuroblastom nachweisen und korrelierten mit einem besonders schlechten Behandlungsergebnis. Tumoren mit TERT-Rearrangements oder einer Amplifikation in MYCN zeigten dabei nicht nur eine signifikant erhöhte Expression von TERT, sondern auch eine erhöhte Telomerase-Aktivität. Unabhängig von genomischen Veränderungen in MYCN und TERT war in Hochrisiko-Tumoren zudem häufig eine Verlängerung der Telomere feststellbar.

Diese Daten legen die Schlussfolgerung nahe, dass die meisten Hochrisiko-Neuroblastome durch TERT-Rearrangements, MYCN-Amplifikationen oder ATRX-Mutationen beeinflusst werden. Alle diese genomischen Veränderungen führen zu einer Verlängerung der Telomere und liefern damit eine molekulare, mechanistische Definition dieses Neuroblastom-Subtyps. Tumoren mit einem niedrigen Risiko weisen dagegen keine dieser genomischen Veränderungen und keine erhöhte TERT-Expression auf, so dass es nicht zu unbeschränktem Tumorwachstum kommt.

“Die Erkenntnis, dass die Telomer-Verlängerung das grundlegende Prinzip von Hochrisiko-Neuroblastomen ist, bringt uns in unserem Verständnis der molekularen Pathogenese dieser Erkrankung deutlich weiter. Unsere Entdeckung bietet eine völlig neue Chance, die Diagnose und Behandlung von Kindern, die unter dieser tödlichen Krebsart leiden, zu verbessern“, sagte Prof. Dr. med. Matthias Fischer von der Klinik für Kinderonkologie und -hämatologie der Universität Köln.

“Die molekulare Klassifikation von Neuroblastomen war bisher sehr schwierig, da zahlreiche unterschiedliche genomische Veränderungen eine Rolle spielen können. Erst jetzt haben wir die technologischen Möglichkeiten, eine umfassende Tumoranalyse auf einem Niveau durchführen zu können, wie es für eine molekulare Diagnostik benötigt wird. Die neuen genomischen Marker werden darum dazu beitragen, Neuroblastome auch in der klinischen Routine besser klassifizieren zu können“, sagte Dr. Martin Peifer, Hauptautor der Studie und einer der Gründer von NEO New Oncology AG.

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