Neue Ansatzpunkte für zielgerichtete Tumortherapie
Das Wissenschaftlerteam hat mit der Hilfe eines neuen Screening Verfahrens die Effektivität verschiedener Substanzen und insbesondere neuer Substanzkombinationen getestet. Die Ergebnisanalyse ergab, dass insbesondere Tumorzellen und Tumore mit einer Mutation im sogenannten KRAS Gen eine Abhängigkeit von zwei bestimmten Enzymen (Chk1 und MK2) zeigen. Das KRAS Gen ist eines der am häufigsten mutierten Gene in menschlichen Tumorerkrankungen. So ist KRAS in fast allen Tumoren der Bauchspeicheldrüse, sowie in ca. einem Drittel aller Bronchial- und Dickdarmtumoren mutiert. Eine detaillierte Analyse zeigte, dass KRAS Mutationen zu einem massiv gesteigerten Zellwachstum führen. Diese beschleunigte Zellvermehrung der Tumorzellen führt zu Problemen: So ist die Verdopplung der DNA, die Tumorzellen vor einer jeden Zellteilung durchführen müssen, unter den beschleunigten Wachstumsbedingungen nur erschwert möglich. Die neuen Daten der Kölner Forscher zeigen, dass KRAS-mutierte Tumorzellen zur fehlerfreien Verdopplung ihrer DNA auf die Funktion der Enzyme MK2 und Chk1 angewiesen sind. Diese Abhängigkeit unterscheidet KRAS-mutierte Tumorzellen von gesundem Gewebe, das weitestgehend ohne die Funktion der Enzyme MK2 und Chk1 auskommt. Genau an diesem Unterschied zwischen Tumorzellen und normalen Zellen setzt die neue Therapiestrategie an. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass Tumorzellen und Tumore mit KRAS Mutationen sehr gut auf eine Kombinationstherapie mit Chk1- und MK2 Hemmstoffen ansprachen. Die Kombinationstherapie wurde vom Normalgewebe nebenwirkungsarm toleriert.
Genauer betrachtet sind die Chk1 und MK2 Enzyme Proteinkinasen. Diese spezifische Enzymgruppe ist in den letzten 10 Jahren vermehrt in den Fokus von großen Pharmafirmen gerückt. Enzyme sind pharmakologisch potentiell hemmbar und bieten daher Optionen für die Entwicklung neuer Therapeutika. Eine kombinierte pharmakologische Hemmung von Chk1 und MK2 ist eine therapeutische Strategie, mit der speziell KRAS-mutierte Tumore behandeln werden könnten. „Diese Chk1/MK2 Hemmung kann speziell gegen KRAS-mutierte Krebszellen wirken, während normales Gewebe geschont bleibt, da in den gesunden Zellen das KRAS Gen nicht mutiert ist“ beschreibt Dr. Felix Dietlein, Erstautor der Publikation, das therapeutische Konzept.
Prof. Dr. Michael Hallek, Leiter der Klinik I für Innere Medizin an der Uniklinik Köln hält das neue therapeutische Konzept für sehr vielversprechend: „MK2 ist eine Proteinkinase, die schon seit längerer Zeit genau untersucht wird, denn die Funktion dieses Proteins scheint ebenfalls eine Rolle bei der Entwicklung rheumatischer Erkrankungen zu spielen. Auch die Proteinkinase Chk1 wurde in den letzten Jahren intensiv betrachtet und es finden aktuell bereits erste klinische Untersuchungen mit verschiedenen Chk1 Inhibitoren statt. Diese faszinierenden neuen Daten geben den behandelnden Ärzten in naher Zukunft möglicherweise ein Werkzeug an die Hand, mit dessen Hilfe KRAS-mutierte Tumoren effektiv behandelt werden können“, so Prof. Dr. Michael Hallek. Aktuell liegt noch keine Zulassung der MK2 Hemmer vor, aber es wird schon seit einiger Zeit an der Entwicklung solcher Medikamente geforscht. Die Arbeiten an diesem Projekt wurden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Deutsche Krebshilfe und die Volkswagenstiftung maßgeblich gefördert.
Für CECAD und die Uniklinik Köln ist die Entwicklung dieser neuen therapeutischen Strategie ein bedeutsamer, hoffnungsvoller Ansatz, bald zusätzliche Optionen im Kampf gegen Krebs zur Verfügung zu haben – ein wichtiger Aspekt auch in der Alternsforschung des Exzellenzclusters CECAD.