Neue Vielfalt von Plasmazellarten im Knochenmark entdeckt
Basis neuer Behandlungsansätze bei Autoimmunkrankheiten
Die Hauptfunktion von Plasmazellen und ihren direkten Vorläufern, den Plasmablasten, liegt im kontinuierlichen Bereitstellen von Antikörpern zur Immunantwort durch die Körperflüssigkeiten. Insbesondere im Knochenmark angesiedelte Plasmazellen können offensichtlich jahrelang überleben und tragen so zu einem herausragenden Immungedächtnis beispielsweise gegen Erreger bei. Im Fall von Autoimmunerkrankungen, wie der rheumatoiden Arthritis, richten sich Autoantikörper gegen den eigenen Körper. Deren zelluläre Grundlage bilden ebenfalls Plasmazellen, dann allerdings autoreaktive Formen. „Die Biologie der Plasmazellen spielt eine entscheidende Rolle beim Entstehen von Autoimmunerkrankungen. Ein vielversprechender Ansatz für das Krankheitsverständnis und die Entwicklung gezielter Therapiemöglichkeiten liegt hier“, sagt Prof. Dr. Thomas Dörner von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie der Charité. Plasmazellen werden bisher als resistent gegen fast alle gängigen antirheumatischen Therapien angesehen.
In ihrer Untersuchung konnten die Wissenschaftler nun die Existenz unterschiedlich ausgereifter Plasmazell-Subpopulationen im menschlichen Knochenmark nachweisen. Je nach Ausprägung sind die differenzierten Zellgruppen für die Bereitstellung diverser Proteine, darunter CD95, HLA-DR, CD56 und CD19, verantwortlich. Hinsichtlich der CD19-Expression konnten die Forscher einen Verlust dieses Proteins bei einer Zellpopulation feststellen. CD19-negative Plasmazellen weisen für die Immunologen besondere Eigenschaften auf: Sie produzieren vor allem die Antikörper Immunglobulin G, sie kennzeichnet eine besonders langlebige und reife Ausprägung und ihr Hauptspeicherort ist das Knochenmark. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass CD19-negative Plasmazellen eher statische Eigenschaften haben, während die CD19-positiven Plasmazellen auf dynamischem Weg die Immunabwehr sichern, die entsprechenden Zellen reagieren also jeweils mit Stabilität oder Anpassung.
„Die Erkenntnisse über die unterschiedliche Immunbiologie dieser beiden bisher nicht bekannten Plasmazell-Untergruppen bilden die Grundlage für die Entwicklung innovativer Behandlungsansätze bei Autoimmunerkrankungen“, erklärt Prof. Dörner. In weiteren Versuchen, unter anderem in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Göteborg, sind Patienten mit rheumatoider Arthritis mit Antikörpern gegen CD20-positive B-Zellen behandelt worden, um die Entzündung der Arthritis besser zu kontrollieren. Es hat sich gezeigt, dass sich die Behandlung ebenfalls unterschiedlich auf CD19-positive und CD19-negative Plasmazellen auswirkt. Erstere haben sich im Verlauf der Therapie reduziert, jedoch nicht die CD19-negativen Plasmazellen. Mit diesen Erkenntnissen eröffnet die Studie ein ganz neues Verständnis für die Charakteristika von bisher nicht bekannten Plasmazelluntergruppen, die in Zukunft selektive Behandlungsziele bei Autoimmunerkrankungen darstellen können.
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