DNA-Barcoding auf Erfolgskurs

Münchner Forscher sequenzieren fast 16.000 Käfer

13.02.2015 - Deutschland

Weltweit zweitgrößtes Barcoding-Projekt: Forscher der Zoologischen Staatsammlung München (ZSM) haben einen weiteren Meilenstein im internationalen "DNA Barcoding" von Tierarten erreicht. Sie konnten als großen Erfolg die erste umfassende genetische Bearbeitung der deutschen Käferarten feiern. In diesem Projekt werden DNA-Sequenzen erfasst, mit denen die Tiere bis zur Art bestimmt werden können.

Dr. Michael Balke, ZSM

Der Sumpf-Laufkäfer (Elaphrus ullrichi) ist in Bayern heute vom Aussterben bedroht. Er kommt zum Beispiel noch am Oberlauf der Isar vor.

Die Gensequenzen der untersuchten Arten liegen nun in einer öffentlich zugänglichen Gendatenbank vor und können von Forschern weltweit für ihre Projekte genutzt werden. Dafür werteten die Münchner in fünfjähriger Arbeit fast 16.000 Einzelindividuen aus, die zu 3.514 Arten gehören. Damit erstellten sie die weltweit größte Datenbank für Käfer-Barcodes und erfassten rund 53 Prozent der 6.630 deutschen Käferarten.

Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse in der weltweit sehr wichtigen Fachzeitschrift Molecular Ecology Resources. Gerhard Haszprunar, Direktor der Zoologischen Staatsammlung, freut sich besonders darüber, dass damit die besondere Bedeutung des Barcoding innerhalb der Biowissenschaften gezeigt werden kann. Die Zoologische Staatsammlung beherbergt rund 25 Millionen zoologische Objekte und gehört, als Teil der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns, weltweit zu den größten naturkundlichen Sammlungen. Die Barcoding-Projekte der ZSM werden gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, und das Bundesministerium für Bildung und Forschung. "Unsere reichhaltige Sammlung sowie die gute Vernetzung der Münchener Wissenschaftler in Fachkreisen hat diesen Erfolg erst möglich gemacht", sagt Haszprunar.

Die Gensequenzierung erfolgte im Rahmen der Initiativen "Barcoding Fauna Bavarica" und "German Barcode of Life", bei dem die Münchener Forscher das ehrgeizige Ziel verfolgen, alle deutschen Tierarten genetisch zu erfassen und in einer Online-Bibliothek für Fachleute weltweit zur Verfügung zu stellen. Die Projekte sind Teil der internationalen Barcoding-Initiative iBol mit Sitz in Kanada, welche sich zum Ziel gesetzt hat, alle Tierarten der Welt genetisch zu erfassen. Nach den kanadischen Initiatoren des Projektes haben die Münchner Forscher mit bisher insgesamt über 150.000 Proben den weltweit umfangreichsten Beitrag zu diesem weltweiten Projekt geleistet. "Dieser Datenbestand ist in dieser Fülle und Vollständigkeit insbesondere bei Käferdaten bisher einmalig und wird eine sehr wertvolle Informationsquelle für weitere Forschungsprojekte darstellen", fasst Lars Hendrich, Kurator für Wasser-Insekten an der ZSM, die Ergebnisse zusammen. "Auch bei uns in Bayern bzw. Deutschland gibt es wahrscheinlich noch Dutzende von Käferarten, die entweder noch gar keinen wissenschaftlichen Namen tragen oder bislang mit anderen Arten verwechselt wurden", erläutert der Experte. Dies sei natürlich gerade für den Naturschutz von größter Bedeutung.

Käfer sind die artenreichste Insektenordnung weltweit und kommen in nahezu allen Ökosystemen vor. Viele Käferarten besitzen eine große wirtschaftliche Bedeutung in der Land- und Forstwirtschaft oder in anderen Bereichen. Unter ihnen befinden sich zahlreiche Nützlinge wie die Marienkäfer oder der Puppenräuber, aber auch gefürchtete Schädlinge wie Rapsglanzkäfer, Maikäfer oder Kartoffelkäfer. Das DNA-Barcoding wird die Identifizierung von Käferarten in ökologischen Forschungsprojekten oder bei der Untersuchung von Schädlingen deutlich erleichtern, erläutert Hendrich den Nutzen des Projektes. Viele Käferarten sind zudem in Deutschland derzeit stark bedroht und stehen auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten.

Die Münchener Forscher erzielten mit dem Barcoding-Projekt auch eine Reihe höchst bemerkenswerter wissenschaftlicher Ergebnisse. Weil die Forscher erstmalig die Möglichkeit hatten, bedeutende Anteile einer kompletten Landesfauna flächendeckend zu untersuchen, erhielten sie wertvolle Einblicke in die Artzugehörigkeit und die Verwandtschaftsverhältnisse der Käfer. "Diese Einblicke konnten wir mit den traditionellen Methoden bisher nicht erhalten", erklärt Michael Balke, Käferexperte der Zoologischen Staatsammlung. Bei fast 100 untersuchten Arten bestehe zudem der Verdacht, dass sich darunter neue Arten oder andere ungeklärte Phänomene verbergen, sagt der Forscher weiter. Diese hohe Zahl sei völlig überraschend und biete nun viele neue Ansatzpunkte für die weitere Forschung, so Balke.

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