Neuer Strategieansatz gegen Darmkrebs

Forscher zeigen, wie bestimmte Enzym-Hemmer auf Signalprozesse in kolorektalen Karzinomen wirken

12.02.2015 - Deutschland

Das kolorektale Karzinom, eine Form von Darmkrebs, ist bei Männern und Frauen in Deutschland die zweithäufigste Tumorerkrankung. Das so genannte mikrosatellitenstabile kolorektale Karzinom mit Mutationen im BRAF-Gen stellt eine besonders aggressive Form dar. Das BRAF-Gen produziert das Enzym B-Raf, das eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle der Zellteilung spielt. Ein Forschungsteam aus Freiburg und Stuttgart mit der Biologin Dr. Ricarda Herr und dem Biologen Dr. Tilman Brummer von der Albert-Ludwigs-Universität hat in Zellkulturen gezeigt: B-Raf-Hemmer können kolorektale Krebszellen in stärker differenzierte Zellen, die auf eine bestimmte Funktion spezialisiert sind und sich oft weniger aggressiv verhalten, umwandeln. Kombinationsstrategien mit B-Raf-Hemmern, die in verschiedenen internationalen klinischen Studien untersucht werden, könnten also verhindern, dass der Krebs streut. Die Forschungsergebnisse hat das Team in der Fachzeitschrift „Cancer Research“ veröffentlicht.

Ricarda Herr/AG Brummer

Zellen der kolorektalen Tumorzelllinie Colo-205. Nach einer Behandlung mit dem B-Raf-Hemmer PLX4720 formen diese Zellen kompakte Strukturen mit einem hohen Anteil des Zelladhäsionsmoleküls E-cadherin (grün).

Das Signalnetzwerk in menschlichen Zellen reguliert B-Raf und gewährleistet, dass das Enzym nur unter bestimmten Umständen aktiviert wird. Mutationen im BRAF-Gen führen zur Produktion eines veränderten Proteins, das ständig aktiv ist. Eine so mutierte Zelle wird in das Zellteilungsprogramm versetzt, vermehrt sich unentwegt und startet damit eine Kette von Ereignissen, die zu Krebs führen. Es gibt mehrere Medikamente, die hauptsächlich das mutierte B-Raf hemmen. Sie konzentrieren sich besonders auf das Zellteilungsprogramm in den Tumorzellen, während sie die gesunden Zellen größtenteils nicht beeinträchtigen. Solche Medikamente gehören zur Standardtherapie bei dem BRAF-mutierten metastasierenden Melanom, einer Art Hautkrebs. Wenig bekannt ist bislang, wie sie bei anderen Krebsarten wirken – etwa beim BRAF-mutierten kolorektalen Karzinom, für das es nur wenige Therapiemöglichkeiten gibt.

Um dies herauszufinden, benutzten Brummer, Herr und ihr Team eine dreidimensionale Zellkultur. Sie entdeckten einen neuartigen Effekt: Die Forscherinnen und Forscher zeigten, dass die B-Raf-Hemmer nicht nur die Zellteilungsrate der kolorektalen Krebszellen verringern, sondern auch deren Differenzierung bewirken. Sie beobachteten beispielsweise, dass die behandelten Krebszellen zunehmend Zelladhäsionsmoleküle produzieren. Diese Moleküle befinden sich auf der Zelloberfläche und verbinden benachbarte Zellen. So hindern sie die Krebszellen daran, sich vom primären Tumor abzulösen und Metastasen zu bilden. Als das Team das mutierte B-Raf in kolorektale Krebszellen ohne BRAF-Mutation einschleuste, erhielt es einen eher undifferenzierten Zelltyp. Dies deutet darauf hin, dass BRAF-mutierte Tumore einen eher undifferenzierten Charakter besitzen und dadurch ein größeres Risiko der Metastasierung in sich bergen.

Erste kleine klinische Studien mit kolorektalen Krebspatientinnen und Krebspatienten zeigen, dass B-Raf-Hemmer als alleiniger Wirkstoff möglicherweise nicht so effektiv bei der Blockierung der Zellteilung sein könnte, wie es bei Melanomen zu beobachten war. Die von Brummers Team veröffentlichten Ergebnisse legen dennoch nahe, dass eine Kombination von B-Raf-Hemmern mit anderen Substanzen wirkungsvoller sein könnte. Die Forscher wollen dieses Konzept in Nachfolgestudien weiter verfolgen.

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