Tuberkulose: Neuer Schwachpunkt des Erregers gefunden
Caroline Kisker
Weltweit wurden im Jahr 2012 rund 8,6 Millionen Fälle von Tuberkulose bekannt. Wie die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtet, starben an dieser gefährlichen Infektionskrankheit 1,3 Millionen Menschen. Dabei waren bei gut fünf Prozent der Infektionen Erreger im Spiel, die gleich gegen mehrere Medikamente resistent sind – Tendenz steigend.
Die Wissenschaft sucht darum neue Wege, um die bakteriellen Erreger der Tuberkulose auch in Zukunft wirksam bekämpfen zu können. Am Rudolf-Virchow-Zentrum der Universität Würzburg forschen Professorin Caroline Kisker und ihr Team auf diesem Gebiet: Sie fahnden in den bakteriellen Enzymen nach bislang unbekannten Schwachstellen.
Enzym-Steroid-Interaktion weist neue Möglichkeiten auf
Die Würzburger Wissenschaftler nehmen unter anderem den Cholesterin-Stoffwechsel der Krankheitserreger unter die Lupe und dort besonders das Enzym FadA5 – ohne dieses haben die Erreger Schwierigkeiten, eine chronische Infektion aufrecht zu erhalten. Kiskers Gruppe hat nun in Kooperation mit Forschern von der Stony Brook University (USA) die Struktur des Enzyms genau analysiert – und einen möglichen neuen Angriffspunkt für Medikamente identifiziert.
„Wir haben in das aktive Zentrum des Enzyms ein Steroid-Molekül eingefügt und die sich ergebende Struktur analysiert“, sagt die Würzburger Professorin. Mit diesem Wissen lassen sich nun Moleküle designen, die genau ins aktive Zentrum passen und es blockieren. Mit dieser Strategie sollte sich das gewünschte Ziel erreichen lassen: der Totalausfall des Enzyms FadA5. Das berichtet ihre Forschungsgruppe in der Januarausgabe des Fachmagazins „Structure“.
Wirkstoff ist bakterien-spezifisch
Nun benutzt aber der menschliche Organismus Enzyme, die dem FadA5 aus Tuberkulose-Bakterien ähneln. Es ist also vorstellbar, dass ein neuer Wirkstoff nicht nur die Bakterien lahmlegt, sondern auch beim Menschen Schaden anrichtet.
Kiskers Team analysierte deshalb auch die Enzyme des Menschen. Das Ergebnis war positiv: „Der Strukturvergleich hat ergeben, dass es möglich sein müsste, das Enzym der Bakterien spezifisch zu hemmen“, erklärt die Professorin. Ein Hemmstoff sollte also nur den Bakterien schaden, nicht aber den Enzymen des Menschen.
„Das Steroid bietet uns eine solide Ausgangsbasis für die Entwicklung neuer Hemmstoffe“, sagt Kisker. In Zusammenarbeit mit anderen Arbeitsgruppen, unter anderem mit der von Professor Christoph Sotriffer in der Würzburger Pharmazie, soll dieses Ziel nun weiter verfolgt werden. Angestrebt wird ein Wirkstoff, der das FadA5-Enzym der Tuberkulose-Erreger möglichst spezifisch hemmt.