Rehe als Überträger von EHEC?
Ihre Dissertation „Untersuchungen zum Vorkommen von Verotoxin-bildenden Escherichia coli (VTEC) bei Rehwild in Hessen“ hat die Tierärztin und Biologin am Institut für Tierärztliche Nahrungsmittelkunde an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) geschrieben, Doktorvater ist Prof. Dr. Michael Bülte. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit untersuchte sie repräsentativ für das Bundesland Hessen das Vorkommen von Verotoxin-bildenden E. coli (VTEC) bei Rehwild. JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee gratulierte der Preisträgerin sehr herzlich: „Der Ertrag solcher anwendungsbezogenen wissenschaftlichen Arbeiten gerade auch im Bereich der Lebensmittelsicherheit kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.“
Im Rahmen der Dissertation hat Dr. Bartels Kotproben von 353 erlegten Rehen aus Revieren von 12 hessischen Forstämtern einbezogen. Nach selektiver kultureller Anreicherung wurden im Enzymimmunoassay (EIA) bzw. in einem immunchromatographischen Verfahren Verotoxin-positiv getestete Proben weiter untersucht. Mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und Anzüchtung der VTEC auf geeigneten Nährmedien konnten insgesamt 68 Tiere (knapp 20 Prozent) als Ausscheider solcher Stämme nachgewiesen werden. Bartels kommt aufgrund ihrer Untersuchungen zu dem Schluss, dass Rehwild in Hessen als natürliches Reservoir für VTEC angesehen werden muss. Prinzipiell handele sich jedoch bei den gefundenen VTEC-Stämmen vorwiegend um ungefährliche Stammformen.
Hinsichtlich der Qualität und der Sicherheit des Lebensmittels Wildbret sei eine fäkale Kontamination von VTEC in das Wildbret entweder durch eine Kotverschmutzung oder auch durch eine Übertragung von Darminhalt ins umliegende Gewebe durchaus denkbar, so Bartels Fazit. Besonders die Jagdart, der Zustand des Tieres vor und nach dem Schuss sowie das anschließende Versorgen spielten hier eine Rolle. Somit habe der Jäger einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität des Wildbrets und beim Eintrag von VTEC ins Wildbret. Jäger sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie auch sich selbst durch unvorsichtiges Aufbrechen und Ausweiden der Rehe dem Risiko einer Infektion mit potentiellen EHEC aussetzen.
Andrea Christine Bartels, Jahrgang 1976, studierte Biologie an der RWTH Aachen und der Georg-Aust-Universität Göttingen. Anschließend studierte sie Tiermedizin an der JLU Gießen bis zur Approbation im Jahr 2008. Die Promotion über ihre „Untersuchungen zum Vorkommen von Verotoxin-bildenden Escherichia coli (VTEC) bei Rehwild in Hessen“ schloss sie Anfang 2014 ab. Seit Ende 2013 hat sie einen Lehrauftrag im Rahmen der Fleischhygienevorlesung am Institut für Tierärztliche Nahrungsmittelkunde der JLU. Daneben engagiert sie sich im Arbeitskreis Wildbiologie der JLU sowie als freie Mitarbeiterin im Tiergarten Weilburg.
Der mit insgesamt 10.000 Euro dotierte Preis der gemeinnützigen Heinrich-Stockmeyer-Stiftung ist der höchst dotierte Wissenschaftspreis im Bereich Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz in Deutschland. Mit der Auszeichnung will die Stiftung Arbeiten mit besonderem Praxisbezug und anwendungsorientierte Forschung zur Erzielung von mehr Lebensmittelsicherheit fördern und damit zur Stärkung des Verbrauchervertrauens in die Qualität von Lebensmitteln beitragen. Der Wissenschaftspreis 2014 wurde in Garmisch-Partenkirchen durch den Vorsitzenden des Stiftungskuratoriums Prof. Dr. Manfred Gareis verliehen. In diesem Jahr wurde der Preis geteilt; einen weiteren ersten Preis erhielt die Lebensmittelchemikerin Dr. Helen Stahnke (Technische Universität Berlin).
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