Neues Antibiotikum gegen Krankenhauskeime

Forscher entdecken Substanzen gegen multiresistente Keime

14.10.2014 - Deutschland

Multiresistente Staphylokokken zählen zu den gefürchtetsten Erregern in Krankenhäusern, da sie kaum noch oder gar nicht mehr therapierbar sind. Wissenschaftlern des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig ist es nun gelungen, zwei Substanzen aus den im Boden lebenden Myxobakterien zu isolieren, die hochwirksam gegen die Erreger sind. Damit legen die Forscher die Grundlage für die Herstellung neuer Medikamente. Ihre Ergebnisse publizieren sie in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie International Edition“.

HZI/Rohde

Staphylococcus aureus (rot) ist einer der Keime, gegen den die jetzt beschriebenen Naturstoffe Disciformycin A und B (links oben die Struktur von Disciformycin B) wirksam sind.

Staphylococcus aureus ist der häufigste Verursacher von Krankenhausinfektionen in Deutschland. Beim Menschen kann der Erreger zu Wundinfektionen, Atemwegsentzündungen und Harnwegsinfektionen führen.  Da das Bakterium resistent gegen eine Vielzahl von Antibiotika ist, wird es auch als multiresistenter oder methicillin-resistenter Staphylococcus aureus – kurz MRSA – bezeichnet. Die Erreger sind mit vorhandenen Medikamenten kaum noch oder gar nicht mehr zu therapieren, weswegen neue Wirkstoffe gefunden werden müssen, um die gefährlichen Keime zu besiegen. „Neue Antibiotika zu finden ist allerdings schwierig, da sie viele verschiedene Qualitäten mitbringen müssen“, sagt Prof. Rolf Müller, Geschäftsführender Direktor des HIPS.

Er und seine Kollegen aus der Abteilung „Mikrobielle Wirkstoffe“ am HZI haben jedoch eine neue Grundstruktur in einem Myxobakterium gefunden, die hochwirksam gegen multiresistente Keime ist. „Wir konnten zeigen, dass Disciformycin A und B hochaktiv gegen resistente Staphylokokken und andere Erreger sind. Außerdem konnten wir nachweisen, dass keine Kreuzresistenz gegenüber anderen eingesetzten Antibiotika vorliegt“, sagt Müller. „Sie wirken also nicht genauso wie bereits bekannte Antibiotika.“ Das gefundene Antibiotikum bekämpft grampositive Bakterien, ohne der menschlichen oder tierischen Zelle zu schaden. „Es besitzt damit eine hohe potentielle therapeutische Breite“, so Dr. Markus Nett vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) in Jena, dessen Arbeitsgruppe eine sehr ähnliche Substanz entdeckt hat.

Bevor die gefundenen Substanzen auch wirklich als Antibiotikum zum Einsatz kommen, stehen noch einige Schritte an. Zunächst muss die Produktion der Stoffe optimiert werden, um hinreichend Substanz zur Verfügung zu erhalten. Anschließend folgen chemische Veränderungen des Wirkstoffkandidaten und die pharmazeutischen Eigenschaften werden überprüft.

Diese nächsten Schritte wollen die Forscher gemeinsam mit ihren Jenaer Kollegen einleiten: die Patentanmeldung des Stoffes und seine weitere Erforschung. Dass gleich mehrere Forscher in Deutschland Moleküle ähnlicher Natur gefunden haben und intensiv daran forschen, bestärkt Rolf Müller: „Das zeigt uns, dass wir auf der richtigen Spur sind und sich die Weiterentwicklung lohnt.“

Außerdem versuchen die Forscher herauszufinden, wie die neu entdeckten Stoffe ihre Wirkung genau entfalten. „In diesem Bereich haben wir schon einige Fortschritte gemacht und vieles deutet bisher darauf hin, dass es um einen neuen Wirkmechanismus handelt“, sagt Müller. „Aber daran arbeiten wir momentan noch intensiv.“

Erst danach können Studien am Tiermodell folgen, die für den Einsatz als Medikament benötigt werden. Diese dienen vor allem dazu herauszufinden, wie toxisch die Wirkung der neuen Substanzen für den Körper ist. „Nachfolgend muss das Molekül dann in einer Phase-I-Studie am Menschen getestet werden. Aber bis dahin ist es ein langer Weg und vermutlich wird eine Pharmafirma als Partner gefunden werden müssen“, sagt Müller.

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