Lange Antibiotikatherapien wegen toleranter Bakterien

18.08.2014 - Schweiz

Ob Lungenentzündung oder Blutvergiftung – Infektionskrankheiten werden immer schwieriger zu behandeln. Ein Grund dafür sind die zunehmenden Antibiotikaresistenzen. Aber auch ohne Resistenz können Erreger einige Zeit Antibiotika überleben, weshalb die Behandlung mehrere Tage bis Wochen oder sogar Monaten dauert. Forscher am Biozentrum der Universität Basel konnten jetzt zeigen, dass im selben Gewebe Bakterien mit völlig unterschiedlicher Antibiotikaempfindlichkeit nebeneinander existieren. Im Fachjournal «Cell» berichten sie, dass vor allem langsam wachsende Keime die Therapie erschweren.

University of Basel, Biozentrum

Milzgewebe einer infizierten Maus mit schnell (grün) und langsam (orange) wachsenden Salmonellen (blau: Kerne der Mauszellen).

Viele Bakterien sind von Natur aus nicht dauerhaft resistent, können aber ungünstige Lebensbedingungen wie eine Antibiotikabehandlung über Stunden bis Tage aushalten. Viele Forscher nehmen an, dass sich diese Keime in einer Art Schlafzustand befinden. Sie wachsen nicht und sind deshalb für viele Antibiotika nicht angreifbar. In mit Salmonellen infizierten Geweben spielen solche schlafenden Erreger aber kaum eine Rolle, wie der Infektionsbiologe Prof. Dirk Bumann vom Biozentrum der Universität Basel mit seiner Gruppe zeigen konnte. Stattdessen sind es vor allem die zahlreichen langsam wachsenden Keime, die eine erfolgreiche Therapie verzögern.

Salmonellen wachsen unterschiedlich schnell

Bereits aus früheren Studien im Reagenzglas weiss man, dass völlig gleiche Bakterien nebeneinander sehr unterschiedlich schnell wachsen können. Unklar war bislang jedoch, ob Bakteriengesellschaften auch im infizierten Wirt tatsächlich so verschieden sind. Bumann ist es jetzt mithilfe fluoreszierender Proteine gelungen, die Vermehrung einzelner Salmonellen in infizierten Geweben zu messen. Es zeigte sich, dass ein Teil der Salmonellen sehr schnell wächst mit vielen Nachkommen, welche die Krankheitssymptome verschärfen. Die meisten Bakterien gelangen aber in Geweberegionen mit nur wenigen Nährstoffen, in denen sie nur langsam wachsen können.

Langsames Wachstum sichert Überleben

Wie wirkt sich dieses unterschiedliche Wachstumsverhalten auf den Therapieerfolg aus? Eine Behandlung von infizierten Mäusen mit Antibiotika verbesserte sehr schnell Krankheitssymptome, doch selbst nach fünf Tagen Therapie waren immer noch Erreger nachweisbar, die einen Rückfall verursachen könnten. «Etwa 90 Prozent der Salmonellen konnten wir bereits mit der ersten Antibiotikadosis abtöten, insbesondere die schnell wachsenden», berichtet Bumann, «im Gegensatz dazu überlebten nicht wachsende Salmonellen viel besser. Der Behandlungserfolg hängt also klar von der Vermehrungsrate ab.»

Diese Beobachtungen passen gut zum aktuellen Schwerpunkt der Forschung auf schlafende Keime. Bumann war allerdings sehr überrascht, dass solche Keime gar nicht das wichtigste Therapieproblem darstellen. «In Wirklichkeit sind langsam wachsende Salmonellen ein viel grösseres Problem. Sie können Antibiotika etwas schlechter tolerieren als schlafende Keime. Aber sie sind erstens viel zahlreicher und zweitens können sie ihr Wachstum jederzeit wieder ankurbeln, sobald die Antibiotikaspiegel wieder abfallen, und so die Infektion am Laufen halten. Langsam wachsenden Erreger dominieren deshalb während der ganzen Therapie. Wenn wir solche Bakterien besser verstehen, könnte man mit gezielter Antibiotikatherapie den Behandlungszeitraum vielleicht erheblich verkürzen.» Das ist vor allem bei Infektionen interessant, bei denen Patienten ihre Medikamente über viele Tage und Wochen einnehmen müssen, um einen Rückfall zu verhindern.

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