Hoffnung für Übergewichtige

12.08.2014 - Deutschland

Es gibt verschiedene Arten von Fettgewebe, die im Stoffwechsel unterschiedliche Aufgaben erfüllen: weißes, beiges und braunes. Forschern am Helmholtz Zentrum München und der Harvard Medical School ist es nun erstmals gelungen, spezifische Oberflächenproteine zu identifizieren, mit deren Hilfe man die drei Arten unterscheiden kann. Dadurch lassen sich neue Behandlungsmöglichkeiten für Adipositas entwickeln. Die Arbeiten wurden im Fachjournal `Science Translational Medicine` veröffentlicht.

Fett ist nicht gleich Fett. So unterscheidet man zwischen weißem, braunem und beigem Fettgewebe. Jedes dieser Gewebe hat unterschiedliche Funktionen und spielt eine jeweils eigene Rolle im Stoffwechsel. Im menschlichen Körper stellt das weiße Fettgewebe den mit Abstand größten Anteil dar, es dient in erster Linie als Energiedepot. Die braunen Fettzellen hingegen erzeugen direkt Wärme aus dem gespeicherten Fett. Sie sind im erwachsenen menschlichen Körper nur an wenigen Stellen zu finden, kommen jedoch bei Säuglingen vor, und  auch bei Nagetieren. Zusätzlich kennt man noch beige Fettzellen, welche eine besondere Art brauner Fettzellen darstellen. Sie entstehen innerhalb des weißen Fettgewebes vor allem bei Kälteeinfluss.

Einem Forscherteam um Dr. Siegfried Ussar vom Institut für Diabetes und Adipositas (IDO) am Helmholtz Zentrum München, Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD), und Professor C. Ronald Kahn vom Joslin Diabetes Center und der Harvard Medical School ist es nun gelungen, die unterschiedlichen Fettzellen anhand ihrer Oberflächenproteine ganz spezifisch zu unterscheiden. Dies eröffnet Hoffnung auf eine neue Behandlungsmethode für Fettleibige und Diabetiker.

Weißes Fettgewebe begünstigt Diabetes

Da das weiße Fettgewebe die Entstehung von Typ-2-Diabetes begünstigt und deshalb immer mehr Menschen unter Zuckerkrankheit leiden, sucht die moderne Medizin nach Wegen, das braune Fettgewebe dazu einzusetzen, Fett zu verbrennen. „Durch seine Funktion als Wärmekraftwerk des Körpers besitzt das braune Fettgewebe die Funktion, große Mengen an Energie, welche ansonsten im weißen Fettgewebe gespeichert werden, zu verbrennen“, sagt Erstautor Ussar. Aus diesem Grund stellt die Aktivierung des braunen Fettgewebes durch Medikamente einen attraktiven Ansatz zur Behandlung von Adipositas und der daraus resultierenden Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes dar.

Die Menge an braunem Fettgewebe ist individuell sehr verschieden. Bisher konnte man seinen Anteil allerdings nicht zuverlässig erfassen. Alle gängigen Verfahren beruhen auf der Messung der Aktivität dieses Gewebes; diese ist jedoch stark von äußeren Bedingungen abhängig, etwa von der Temperatur oder der Ernährung. Die neu entdeckten Oberflächenproteine bieten nun eine völlig andere Möglichkeit. Außerdem erlauben sie es, Wirkstoffe gezielt in das braune Fettgewebe zu bringen, indem man sie an diese Proteine ankoppeln lässt.

Hoffnung für Dickleibige

Die Aktivierung des braunen Fettgewebes ist aktuell  eine der größten Hoffnungsträger in der Bekämpfung der Adipositas. Sie  ermöglicht es, Übergewicht zu verringern, ohne zwingend die Kalorienzufuhr zu reduzieren. Aus diesem Grund beschreiben unzählige Publikationen aus der Grundlagenforschung neue potenzielle Mechanismen zur Aktivierung oder Vermehrung des menschlichen braunen Fettgewebes. „Die Übertragung dieser Forschungsergebnisse in die Praxis scheitert jedoch häufig daran, dass die identifizierten Mechanismen auch wichtige Funktionen in anderen Organen haben und es so zu unkalkulierbaren Nebenwirkungen kommen kann“, erläutert Ussar. „Unsere Forschungsarbeiten zeigen jedoch einen Ausweg aus diesem Dilemma, da die von uns entdeckten Oberflächenmarker sehr spezifisch für die einzelnen Fettarten und unabhängig von der metabolischen Aktivität sind.“

Die Wissenschaftler hoffen, durch die Weiterentwicklung ihrer Forschungsergebnisse Wirkstoffe gezielt zum braunen Fettgewebe bringen und so eventuelle Nebenwirkungen stark reduzieren zu können. „Wir sind bereits dabei, zum Teil in der eigenen Gruppe und in Kollaboration mit anderen Gruppen am Helmholtz Zentrum München, spezifische Moleküle herzustellen, die diese Oberflächenproteine erkennen, um diese anschließend auf ihre Wirksamkeit zu untersuchen“, so Ussar. „Unser Ziel ist es, im nächsten Schritt gemeinsam mit Partnern aus der Industrie diese Moleküle für die Benutzung im Menschen weiterzuentwickeln.“

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