Durch Mathematik die Immunabwehr besser verstehen
Mathematische Modelle ermöglichen es, das komplexe Gleichgewicht des Immunsystems zu verstehen
Im gesunden Organismus verhindern Tregs die Entstehung von Autoimmunreaktionen, bei denen das Immunsystem körpereigene Strukturen als fremd betrachtet und angreift. „Man könnte die regulatorischen T-Zellen als die Blauhelmsoldaten des Immunsystems bezeichnen“, sagt Prof. Jochen Hühn, Leiter der Abteilung „Experimentelle Immunologie“ am HZI. In diesem Fall gilt jedoch das Prinzip „viel hilft viel“ nicht: Gibt es nämlich zu viele Tregs, unterdrücken sie die notwendige und erwünschte Immunantworten gegen Krankheitserreger oder Tumore. Das richtige Gleichgewicht ist also entscheidend für ein funktionierendes Immunsystem.
„Um herauszufinden, wie die Balance gehalten wird, muss man die Anzahl der Tregs in verschiedenen Organen kennen und verstehen, wie diese Zahl kontrolliert wird“, sagt Hühn. Basierend auf ihren experimentellen Daten entwickelte Hühn gemeinsam mit dem Leiter der Abteilung „System-Immunologie“ am HZI, Prof. Michael Meyer-Hermann, ein mathematisches Modell, das diese komplexen Prozesse beschreibt und erste quantitative Aussagen zur Entstehung der Tregs ermöglicht.
„Wir versuchen mit mathematischen Modellen den Einfluss verschiedener Faktoren auf das gesamte Immunsystem zu beschreiben“, sagt Meyer-Hermann. „In diesem Fall ging es darum, ein Modell zu erstellen, das die Situation in verschiedenen Organen gleichzeitig in Betracht zieht“. Das entstandene Multiorgan-Modell hilft den Wissenschaftlern dabei, Vorhersagen darüber zu treffen, welche Komponenten für die Regulation der Tregs im Körper wichtig sind.
„Wenn man diese Komponenten kennt, hat man automatisch neue Ansatzpunkte für die Suche nach Therapiemöglichkeiten“, sagt Meyer-Hermann. Vor allem ermöglicht es das mathematische Modell den Forschern ihre Experimente zielgerichteter zu gestalten. „Wenn wir die Vorhersagen kennen, wissen wir ganz einfach besser, wo genau wir mit unserer Suche ansetzen müssen“, sagt Hühn.
In Experimenten gilt es nun herauszufinden, welcher Teil der Regulation bei kranken Menschen nicht so funktioniert wie bei gesunden. Das könnte langfristig zu neuen Therapieansätzen führen. „Diese hätten wir dann zu einem großen Teil der engen Zusammenarbeit zwischen Mathematikern und Immunologen zu verdanken“, sagt Hühn. Diese soll in naher Zukunft am neu entstehenden Braunschweiger Zentrum für Systembiologie (BRICS) verstärkt werden.
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