Weltweit mehr innovative Krebsmedikamente

Kostenträger stellen den Nutzen von Arzneimitteln zunehmend auf den Prüfstand

13.05.2014 - Deutschland

Weltweit haben sich die jährlichen Ausgaben für Krebsmedikamente, die sich der 100 Milliarden Dollar-Grenze nähern, in den letzten fünf Jahren verlangsamt. Und dies obwohl eine Reihe innovativer und zielgerichteter Arzneien („targeted therapies“) neue Behandlungsoptionen für die wachsende Zahl von Krebspatienten bietet und die Überlebensraten sich bei den meisten Tumorarten weiter verbessern. Das geht aus einer neuen Studie des IMS Institute for Healthcare Informatics hervor.

Weltweit stiegen die Ausgaben für Krebsmedikamente in den letzten fünf Jahren durchschnittlich um 5,4 Prozent. Im Jahr 2013 beliefen sie sich auf 91 Milliarden US-Dollar. Zwischen 2003 und 2008 lag die Zuwachsrate noch bei 14,2 Prozent. Der schwächere Anstieg der Kosten in den letzten Jahren erklärt sich durch weniger Therapie-Durchbrüche für sehr große Patientenpopulationen, ablaufende Patente, weniger sog. supportive Therapien und ein stärkeres Management der Kostenträger.

Der Ausgabenschwerpunkt bei Krebserkrankungen liegt mit 65 Prozent vom Gesamtmarkt weiterhin auf den USA und den fünf größten europäischen Ländern. Die steigende Prävalenz von Krebs und ein besserer Zugang der Patienten zu Behandlungen in den sog. „aufstrebenden Ländern“ haben dazu geführt, dass die Onkologie inzwischen den fünft größten Behandlungsbereich darstellt.

Zunehmend mehr werden weltweit zielgerichtete („Targeted“) Therapien eingesetzt. Dabei stellen die Kostenträger den Nutzen dieser Arzneimittel zunehmend auf den Prüfstand. Die durchschnittlichen monatlichen Kosten für ein Originalpräparat zur Krebsbehandlung sind in den USA von 5.000 US-Dollar vor einem Jahrzehnt auf aktuell ca. 10.000 US-Dollar gestiegen. In den wichtigsten europäischen Märkten liegen die Preise infolge verschiedener gesundheitspolitischer Maßnahmen u.a. in Form von Zwangsrabatten in der Regel um ca. 20 bis 40 Prozent unter den  US-(Listen) Preisen.

„Mit dem stärkeren Einsatz von Krebstherapien nicht mehr nur in Ländern mit etablierter Arzneimittelversorgung, sondern auch in solchen mit niedrigen und mittleren Einkommen,  ergeben sich größere Unsicherheiten für die Gesundheitssysteme auf der ganzen Welt – sowohl hinsichtlich Art und Ausmaß innovativer Behandlungen als auch bezüglich der Kostenerstattung“ sagt Murray Aitken, Senior Vice President bei IMS und Geschäftsführer des IMS Institute for Healthcare Informatics. „Während geschätzte 30 Prozent der Krebserkrankungen vermeidbar sind und eine frühzeitige Diagnose die Sterblichkeit deutlich verringern oder verzögern kann, sieht die Wirklichkeit so aus, dass die Länder damit zu kämpfen haben, die richtige Kombination von präventiven Maßnahmen und klinischen Interventionen, einschließlich Impfstoffen, Diagnostik und Therapeutika zusammenzubringen.“     

Im Folgenden die wichtigsten Ergebnisse des Berichts:

Weltweit steigen Ausgaben für Krebsmedikamente weniger stark an

Der globale Markt für Krebsmedikamente (einschließlich supportiver Therapeutika) beläuft sich in 2013 auf 91 Milliarden US-Dollar zu Herstellerabgabepreisen ohne Berücksichtigung  jedweder Nachlässe. Im Jahr 2008 waren es 71 Milliarden US-Dollar und vor zehn Jahren 37 Milliarden US-Dollar. Seit 2008 wächst der weltweite Markt der Krebsmedikamente jährlich um weniger als 10 Prozent. Der US-amerikanische Markt ist in den letzten fünf Jahren um durchschnittlich 3,5 Prozent gewachsen, im letzten Jahr belief sich das Umsatzvolumen auf 37 Milliarden US-Dollar. Biopharmazeutika machen mittlerweile weniger als die Hälfte des Onkologiemarktes aus. Hier zeigt sich ein leichter Rückgang in den vergangenen zehn Jahren, in denen sich die Markteinführung neuer Arzneimittel auf kleine Moleküle konzentrierte.

Innovationen immer mehr als „targeted therapies“

Bei Arzneien gegen Krebs gibt es bedeutsame Innovationen hinsichtlich verschiedener Krebsarten und Therapieansätze, präventive Impfstoffe eingeschlossen. Pharmazeutische Unternehmen investieren weiterhin viel in Forschung und Entwicklung, denn Krebstherapien machen mehr als 30 Prozent aller präklinischen und klinischen Entwicklungen neuer Produkte der Phase I aus. Allein in den letzten zwei Jahren wurden 22 neue Wirkstoffe eingeführt. Die neuen Arzneimittel haben die Komplexität der Krebsbehandlung erhöht, was zu mehr Kombinationstherapien und zusätzlichen Therapieoptionen geführt hat. Obwohl der Umsatz bestimmter neuerer Krebsmedikamente dem früherer Therapeutika gleich kommt, zielen viele neue Arzneimittel auf kleine Patientengruppen ab, was sich in einem entsprechend niedrigeren Umsatz niederschlägt. Ein Großteil der Forschungs-Pipeline konzentriert sich zwar auf Lungen- und Brustkrebs, jedoch stehen auch weitere Tumorarten wie Eierstockkrebs, Leukämie, Magen- und Leberkrebs im Fokus.

Preise und Nutzen für Kostenträger zunehmend wichtiger

Neue „targeted therapies“ werden zunehmend Nutzenbewertungen unterzogen, da die Kostenträger sich immer mehr für Vergleiche zur Wirksamkeit gegenüber bestehenden Therapien interessieren. Neue Behandlungen erbringen in der Regel zwei bis sechs Monate mehr Gesamtüberlebensdauer, wobei dies von Patient zu Patient variiert. Die American Society of Clinical Oncology hat vor kurzem Empfehlungen für „targets“ in Klinischen Studien herausgegeben, was bei der Investition in Innovationen und auch bei der Finanzierung der Versorgung hilfreich sein kann. In der EU gibt es einen Trend zu niedrigeren (Listen-) Preisen zum Zeitpunkt der Markteinführung als in den USA. Hier spielt eine Rolle, dass in den europäischen Märkten verschiedene Kostendämpfungsinstrumente wie z.B. Rabatte zum Tragen kommen.

Biosimilars gewinnen an Bedeutung

Reglementierungen für Biologika und eine weltweit erhöhte Produktionskapazität forcieren den Wettbewerb im über 40 Milliarden US-Dollar umfassenden Biopharmazeutika-Bereich des Onkologiemarktes. In den etablierten Märkten sind weiterhin patentgeschützte innovative Präparate zu erwarten, die ältere, patentfreie Produkte verdrängen. Diese Mittel spielen bereits heute eine Rolle im Segment der supportiven Therapeutika des Onkologiemarktes in Europa und die gleiche Entwicklung wird in naher Zukunft für die USA erwartet. Für Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen ist davon auszugehen, dass generische Biologika – Biosimilars - eine wichtige  Rolle in der Onkologie spielen werden. Schon jetzt stellen sie 60 Prozent oder mehr von bestimmten rekombinanten und synthetisierten Biologika. Weltweit werden Biosimilars bis zum Jahr 2020 sechs bis zwölf Milliarden US-Dollar Umsatz im Bereich der Krebsbehandlung generieren und die Wettbewerbintensität erhöhen.  Am gesamten Biologikamarkt werden sie zu diesem Zeitpunkt allerdings weniger als fünf Prozent  ausmachen.

Spezifische Entwicklung in den USA trägt zu Veränderungen in onkologischer Versorgung bei

Im US-amerikanischen Markt, auf den 41 Prozent des gesamten Umsatzes mit Krebsmedikamenten entfallen, beeinflussen Veränderungen in der Gesundheitsversorgung den Behandlungsort, die Erstattung und die Zuzahlungen durch den Patienten. Arztpraxen werden immer größer und Gesundheitsorganisationen, die sich um die unterversorgte Bevölkerung kümmern und auf Basis des „340B Drug Discount-Programm“ arbeiten, haben ihre Präsenz im Bereich Onkologie ausgebaut, ähnlich wie „Accountable Care“-Organisationen. Dies führt zu einer Verschiebung in der Patientenversorgung von Arztpraxen hin zu ambulanten Einrichtungen in Krankenhäusern. Da den Kliniken für die Erbringung von Gesundheitsleistungen höhere Kosten und ein größerer Aufwand entstehen, sind ihre Sätze für die Kostenerstattung zur Verabreichung von Medikamenten höher als die von Arztpraxen. Für typische zielgerichtete Therapien, die von einem Onkologen per Infusion oder Injektion verabreicht werden, sind die erstatteten Kosten für Krankenhäuser mindestens doppelt so hoch wie für Arztpraxen und haben in den letzten zwei Jahren deutlich höhere Kosten für die Kostenträger verursacht. Diese höheren Kosten gehen auch einher mit höheren Patientenzuzahlungen, abhängig von Versicherungsplänen und Leistungspaketen, und können zu einer Reduktion der Behandlungspersistenz (Beibehalten einer Therapie) bei Patienten und höheren Gesamtkosten führen.

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