Zielgenaue Krebserkennung im Erbgut

Chemiker entwickeln Direktnachweis von Modifikationen an beliebigen Orten im Erbgut

12.05.2014 - Deutschland

Konstanzer Forscher entwickeln eine Methode für den direkten Nachweis von epigenetischen DNA-Modifikationen an beliebigen Orten im Erbgut. Die Forschungsergebnisse, die neue Perspektiven für die Krebsdiagnostik eröffnen, wurden aktuell im Wissenschaftsjournal „Angewandte Chemie“ veröffentlicht.

„Wir sind sehr glücklich, dass wir der epigenetischen Analytik einen neuen Impuls geben und damit auch einen großen Schritt in Richtung vereinfachter Analyseverfahren für Krebserkrankungen machen konnten“, erklärt Dr. Daniel Summerer, Leiter der Arbeitsgruppe „Chemische Biologie des Genetischen Codes“ an der Universität Konstanz.

Der Körper eines erwachsenen Menschen besteht aus über 200 Zelltypen, die so unterschiedlich ausfallen wie etwa Neuronen, Immunzellen oder die Eizelle, obwohl sie dasselbe Genom besitzen. Wie wird diese enorme Vielgestaltigkeit erreicht? Der Schlüssel hierfür sind Unterschiede in den Genexpressionsmustern der Zellen. Diese werden maßgeblich durch epigenetische Modifikationen der Desoxyribonukleinsäure (DNA) gesteuert. Die wichtigste dieser Modifikationen im Menschen ist das 5-Methylcytosin (mC), das durch Methylierung von Cytosin (C) gebildet und häufig in inaktiven Genen gefunden wird. Dies ist für die Krebsforschung von besonderem Interesse, da es auch auf viele sogenannte Tumor-Suppressor-Gene zutrifft – jene Gene, die bei einer Tumorzelle den Zelltod einleiten, um eine weitergehende Schädigung des Organismus‘ zu verhindern.

In der Medizin ist mC daher ein wichtiger Biomarker für Krebsgewebe und besitzt exzellente Perspektiven für die Diagnostik. Allerdings ist die Aufspürung von mC ausgesprochen problembehaftet, da herkömmliche Methoden für die Unterscheidung von mC und Cytosin nicht direkt und zielgenau an einem vom Anwender gewählten Ort im Genom – etwa einem krebsrelevanten Gen – durchgeführt werden können.

Die Arbeitsgruppe von Dr. Daniel Summerer hat nun eine Methode entwickelt, um genau dies zu leisten. Die Konstanzer Chemiker studierten die DNA-Bindungseigenschaften sogenannter TALEs (Transcription-activator-like effectors), die so „programmiert“ werden können, dass sie beliebige DNA-Sequenzen selektiv erkennen. Hierbei fanden die Forscher heraus, dass TALEs eine sehr hohe, robuste und ebenfalls programmierbare Sensitivität für mC in DNA-Präparationen besitzen. Somit ermöglichen TALEs die direkte Erkennung sowohl der Sequenz als auch des mC-Gehalts einer DNA. Dies nutzten die Forscher für die gezielte Aufspürung von mC in einem großen eukaryontischen Genom.

Die Forschung fand innerhalb von Projekten der Konstanzer Graduiertenschule Chemische Biologie statt. Grzegorz Kubik, Erstautor der Studie und Promovierendenvertreter der Konstanzer Graduiertenschule Chemische Biologie, erläutert: „Uns fasziniert insbesondere die Vielseitigkeit der TALE-Proteine hinsichtlich epigenetischer Studien. TALEs sind zum Beispiel auch direkt in lebenden Zellen anwendbar und könnten daher sogar neue Therapie-Ansätze versprechen – wir stehen in diesem Feld erst ganz am Anfang.“ Die Konstanzer Wissenschaftler wollen ihre Methode, die sie zum Patent angemeldet haben, nun für die Erforschung der biologischen Funktionen krankheitsrelevanter epigenetischer DNA-Modifikationen verwenden und weiterentwickeln.

Originalveröffentlichung

G. Kubik, M. J. Schmidt, J. E. Penner and D. Summerer*; Programmable and highly resolved in vitro detection of genomic 5-methylcytosine by TALEs; Angew. Chem. Int. Ed., 2014, in press.

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