Biopharmazeutika auf Wachstumskurs
2013 wuchsen die Umsätze mit Biopharmazeutika, also mit gentechnisch hergestellten Medikamenten, in Deutschland um +8,5 % auf mehr als 6,5 Milliarden Euro (Netto-Gesamtumsatz im Apotheken- und Klinikmarkt; Zwangsrabatt von 16 % berücksichtigt). Damit übertrafen Biopharmazeutika den Arzneimittel-Gesamtmarkt (+4,1 %). Auch die Zahl der Beschäftigten in der medizinischen Biotechnologie stieg - bei stagnierender Unternehmenszahl - um 1 % auf mehr als 36.350 Mitarbeiter. Dies sind Ergebnisse des Branchenreports "Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2014", den vfa bio, die Interessengruppe Biotechnologie im Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa), vorgestellt hat. Der Report wurde von The Boston Consulting Group (BCG) für vfa bio erstellt und analysiert zum neunten Mal in Folge die Aktivitäten in der medizinischen Biotechnologie in Deutschland - bei kleinen und mittelständischen Firmen ebenso wie bei großen Arzneimittelherstellern und Tochtergesellschaften internationaler Pharma- und Biotechfirmen in Deutschland.
"Es ist der weiter wachsende medizinische Bedarf - insbesondere in den Bereichen Immunologie und Onkologie -, der im vergangenen Jahr die Umsätze hat weiter wachsen lassen", erläuterte Dr. Frank Mathias, Vorsitzender von vfa bio und CEO der Medigene AG. So wurden 14 % Wachstum in der Therapie immunologischer Erkrankungen (darunter z.B. Gelenkrheuma) und 10 % in der Krebstherapie erzielt.
2013 sind 14 neue Biopharmazeutika zugelassen worden - so viele wie seit 2001 nicht mehr und knapp ein Drittel aller Neuzulassungen. Auch die Summe laufender Entwicklungsprojekte der Firmen für neue Biopharmazeutika ist im vergangenen Jahr noch einmal etwas angestiegen, auf nun 587. "Hier zeichnet sich eine Plateaubildung ab", so Mathias. "Zwar auf hohem Niveau, doch müssen uns die hier sichtbaren Grenzen des Wachstums aufmerken lassen; denn medizinischen Bedarf gäbe es für weit mehr neue Medikamente!" Die Plateaubildung könnte zumindest partiell auch auf fehlende Investitionsmittel insbesondere bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen zurückzuführen sein. Sinnvolle Gegenmaßnahmen, die zudem dem Standort Deutschland zugutekämen, sieht Mathias in einer abgestimmten Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftspolitik sowie in der Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung und in besseren Steuergesetzen für kleine und mittlere Unternehmen sowie Wagniskapitalfirmen.
16 % der Projekte in den Biotech-Pipelines dienen der Entwicklung von Therapien gegen seltene Krankheiten; die Medikamente in Erprobung haben deshalb von der europäischen Arzneimittelbehörde den Status "Orphan Drug" zuerkannt bekommen. "Damit dürfte die Zahl biopharmazeutischer Orphan Drugs schon bald steigen. Doch auch die heute schon verfügbaren zwölf Orphan-Biopharmazeutika sind für die Patienten ein Segen, weil sie Therapien ermöglichen, die auf andere Weise nicht möglich wären. Dazu zählen unter anderem die Enzym-Ersatztherapien bei angeborenen Stoffwechseldefekten und die Krebsbekämpfung mit monoklonalen Antikörpern". Das erläuterte Martina Ochel, stellvertretende Vorsitzende von vfa bio und Geschäftsführerin von Genzyme, einem Unternehmen der Sanofi-Gruppe.
Als selten gilt eine Krankheit, wenn daran nicht mehr als 5 von 10.000 EU-Bürgern leiden. Allein in Deutschland leiden vier Millionen Patienten an einer der schätzungsweise 6.000 bis 8.000 seltenen Erkrankungen. Für viele von ihnen fehlt noch jede gezielte Therapiemöglichkeit. Aber selbst wenn Behandlungen verfügbar sind (immerhin rund 100 Orphan Drugs wurden bisher zugelassen), bleiben Patienten oft lange Zeit unbehandelt, weil ihre Krankheit erst spät diagnostiziert wird. "Damit sich hier vieles bessert, muss der Nationale Aktionsplan für Menschen mit seltenen Erkrankungen von 2013, an dem wir mitgearbeitet haben, konsequent umgesetzt werden", so Ochel. Dann könnte Deutschland ein Versorgungssystem aus spezialisierten "Orphan"-Fachzentren für die Erstbehandlung und qualitätsgesicherter, wohnortnaher Versorgung für die Anschlusstherapie bekommen. Wichtig sei aber auch, dass künftig noch öfter Grundlagenforschung und industrielle Arzneimittelforschung gemeinsam an Ansätzen für die Arzneimittelentwicklung arbeiten.
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