Heisse Nanopartikel für Krebstherapien

27.03.2014 - Schweiz

Nanopartikel besitzen ein grosses Potenzial in der Medizin: für die Diagnostik, als Wirkstoffvehikel oder als Werkzeug, um Tumorzellen mittels Hitze den Garaus zu machen. ETH-Forschende haben nun Partikel entwickelt, die einfach herzustellen und vielfältig einsetzbar sind.

Schliesst man die Hand um eine Taschenlampe, scheint die Hand rot zu leuchten. Das liegt daran, dass langwellige rote Lichtstrahlen besser durch menschliches Gewebe dringen als kurzwelliges blaues Licht. Diesen Umstand machen sich ETH-Forschende bei einer neuen Art von Nanopartikeln zunutze: Diese sogenannten plasmonischen Partikel absorbieren Licht im nahen Infrarot-Bereich und heizen sich dabei auf. So könnten sie beispielsweise Tumorgewebe durch Hitze abtöten.

Für solche therapeutisch eingesetzten Nanopartikel ist Gold ein beliebtes Material. Es ist gut verträglich und ruft in der Regel keine unerwünschten Reaktionen hervor. In der für Nanopartikel typischen Kugelform hat Gold jedoch nicht die nötigen Eigenschaften, um als plasmonischer Partikel zu funktionieren, der genug Licht im Infrarotbereich absorbiert, um sich aufzuheizen. Dazu muss es in eine spezielle Form gebracht werden, zum Beispiel in Stäbchen- oder Schalenform. Dadurch nehmen die Goldatome eine Konfiguration ein, die Licht nahe des Infrarotbereichs absorbiert und Wärme erzeugt. Solche Nanostäbchen oder -schalen in ausreichender Menge herzustellen, ist aber aufwändig und teuer.

Aggregate statt Stäbchen

Ein Forscherteam unter der Leitung von Sotiris Pratsinis, Professor für Partikeltechnologie am Institut für Verfahrenstechnik, hat nun einen Trick gefunden, plasmonische Goldteilchen in grosser Menge herzustellen. Sie nutzten ihr vorhandenes Know-how für plasmonische Partikel und stellten kugelförmige Goldpartikel her, welche die gewünschten nahe-Infrarot plasmonischen Eigenschaften besitzen: dazu liessen sie die Partikel aggregieren . Zuvor wurde jedes einzelne Teilchen mit einer Siliziumdioxid-Schicht überzogen, die als Platzhalter zwischen den einzelnen Kugeln im Aggregat dienten. Durch den genau bestimmten Abstand zwischen mehreren Goldpartikeln bringen die Forschenden die Teilchen in eine Konfiguration, die Infrarotlicht absorbiert und Hitze erzeugt.

«Die Siliziumdioxid-Hülle hat noch einen weiteren Vorteil», erklärt Georgios Sotiriou, Erstautor der Studie, bis vor kurzem Postdoc bei Pratsinis und inzwischen Forscher an der Harvard Universität. «Sie verhindert, dass sich die Teilchen beim Erwärmen verformen.» Dies sei insbesondere bei Nanostäbchen ein Problem. Verlieren die Stäbchen beim Erhitzen mit Infrarotlicht ihre Form, verlieren sie die spezifisch gewünschten plasmonischen Eigenschaften und können nicht mehr genug Licht im nahen Infrarotbereich absorbieren.

Die Forschenden testeten die neuen Partikel bereits an Brustkrebszellen in der Petrischale und konnten nachweisen, dass sich die Nanoteilchen nach Bestrahlung mit Infrarotlicht genug erwärmten, um die Zellen abzutöten. Dagegen überlebten Zellen in Kontrollversuchen: mit Partikeln, aber ohne Bestrahlung, sowie mit Bestrahlung, aber ohne Nanoteilchen.

Kombination mit grossem Potenzial

Um die Partikel gezielt zu Krebsgewebe lenken zu können, mischten die Forschenden zusätzlich superparamagnetische Eisenoxid-Partikel unter die Goldteilchen. Dadurch lassen sich die Nanoaggregate durch Magnetfelder steuern und könnten so in einem Tumor angereichert werden. Ausserdem eröffnet sich damit die Möglichkeit, die Aggregate in tiefliegenden Gewebeschichten, wohin auch Infrarotlicht nicht mehr vordringt, durch Magnet-Hyperthermie aufzuheizen. Dabei wird Wärme erzeugt, indem ein Magnetfeld, dessen Plus- und Minuspole in schnellem Rhythmus abwechseln.

«Bis die Partikel im Menschen zum Einsatz kommen, sind noch viele Fragen zu klären», sagt Jean-Christophe Leroux, Professor für Drug Formulation and Delivery am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften und ebenfalls an der Forschungsarbeit beteiligt. Zwar seien Gold, Siliziumoxid und Eisenoxid gut verträglich, dennoch müsse untersucht werden, was mit den Partikelaggregaten im Körper im Laufe der Zeit geschehe, ob sie sich beispielsweise in der Leber ansammelten oder zerfallen und ausgeschieden würden.

Die Eisenoxid-Gold-Nanopartikel können nicht nur Tumorzellen durch Hitze abtöten, sie könnten auch als Kontrastmittel für bildgebende Verfahren in der Diagnostik per Magnetresonanztomographie genutzt werden, was in einer Kollaboration mit dem Universitätsspital Zürich geprüft wird, oder sie könnten als Bestandteil von Wirkstoffvehikeln dienen. «Man könnte die Teilchen mit temperatursensitiven Wirkstoffträgern koppeln, die das gewünschte Medikament dann freisetzen, wenn eine bestimmte Temperatur überschritten wird», erklärt Sotiriou. Die Nanopartikel könnten über Magnetfelder an den gewünschten Ort im Körper, zum Beispiel zu einem erkrankten Organ, gelenkt und dort ein Medikament gezielt freisetzen. Dadurch liessen sich unerwünschte Nebenwirkungen auf den Rest des Körpers reduzieren oder sogar vermeiden.

Originalveröffentlichung

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