Nobelpreis für revolutionäre Methoden zur Arzneimittel-Entwicklung
Zwei Jahrzehnte lang hatte sich der amerikanische Chemiker John Fenn gefragt, ob seine Studien «wichtig genug für die Menschheit» seien, um eines Tages mit dem Nobelpreis belohnt zu werden. Als ihn dann der Weckruf aus Stockholm erreichte, war er schockiert. «Ich bin völlig benebelt, weiß überhaupt nicht, was ich tue», sagte Fenn von der Virginia Commonwealth Universität in Richmond der dpa.
Wüthrich gilt international als Pionier einer Lieblingsmethode der Chemiker. Er habe es ermöglicht, mit Hilfe der Kernresonanzspektroskopie (NMR) sehr große Moleküle zu analysieren, sagte Prof. Wolfgang Baumeister, einer der Direktoren am Max-Planck- Institut für Biochemie in Garching. Der Nobelpreis sei für diese Leistung «überfällig» gewesen. Der Forscher sei aber menschlich nicht einfach. «Wüthrich kann recht barsch und grob sein, wenn ihm was nicht passt», beschreibt Baumeister. «Aber wenn man ihn gut kennt, kann man gut mit ihm klarkommen.»
Die Kernresonanzspektroskopie gibt Informationen über die dreidimensionale Struktur und die Beweglichkeit von Molekülen. Durch seine Arbeiten habe Wüthrich dieses Verfahren auch für Proteine möglich gemacht, schreibt das Nobel-Komitee. Der Vorteil daran ist, dass die Proteine in Lösung untersucht werden können, also in einer lebensnahen, den Verhältnissen in den Zellen ähnelnden Umgebung. Wüthrich arbeitet an der Eidgenössisch Technischen Hochschule (ETH) in Zürich und am Scripps Research Institute in La Jolla (USA).
Die Arbeiten der drei Biochemiker haben nach Angaben des Nobel- Komitees zu einem Paradigmenwechsel in der Arzneimittel-Entwicklung geführt. So könnten etwa mit der Massenspektrometrie hunderte von Verbindungen pro Tag analysiert werden. Die Technik ermöglichte es, frühe Diagnosen von Krebsformen wie Brust- und Prostatatumoren sowie von Malaria zu entwickeln. Außerdem könnten damit Schadstoffe wie Acrylamid in Lebensmitteln aufgespürt werden.
Proteine zählen zu den wichtigsten Bausteinen des Lebens. Der Körper besteht zum Großteil daraus, sie helfen als Enzyme bei der Verdauung und transportieren Sauerstoff im Blut. Bei Alzheimer oder der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sind Proteine defekt.
Fenn und Tanaka hatten eine weitere bedeutende Methode der Biochemie entwickelt: «Die Massenspektrometrie kann gar nicht hoch genug gewertet werden für die Forschung in der Chemie, Biochemie und im neuen Feld der Proteomforschung», sagte Robert Huber, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München, der 1988 selbst den Nobelpreis bekommen hatte. Die Proteomforschung befasse sich mit dem Lebenslauf von Eiweißen in Zellen oder Organen. «Hat man Entstehen und Vergehen der Eiweiße begriffen, so kann man Vorgänge in kranken und gesunden Zellen besser verstehen.»
Die zwei Chemiker hatten auf unterschiedliche Weise große Moleküle in einem Massenspektrometer zum Schweben gebracht und die Bestimmung der Molekülmasse damit erst ermöglicht. Mit Hilfe der exakten Masse können Forscher das Protein identifizieren. Früher konnten mit dieser Technik nur kleinere Moleküle untersucht werden. Tanaka arbeitet heute beim japanischen Messgerätehersteller Shimadzu in Kyoto.
Die Nobelpreise werden traditionsgemäß am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel (1833 - 1896), überreicht.
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