Bayer hübscht Pharmasparte auf
Kauf von Algeta nahezu perfekt
(dpa-AFX) Wenige Tage vor der Bilanzvorlage steht Marijn Dekkers beim Chemie- und Pharmariesen Bayer vor dem Vollzug seiner größten Übernahme als Vorstandschef: Mit dem Erwerb des norwegischen Krebsmittelspezialisten Algeta für 2,1 Milliarden Euro zapft Bayer im Pharmageschäft bald neue, lukrative Geldquellen an. Am Montag verlängerte Bayer die Annahmefrist noch einmal um zwei Tage, obwohl 92 Prozent der Algeta-Aktionäre einem Verkauf schon fest zugesagt hatten und damit die letzte Bedingung erfüllt war.
Dass Bayer solche Summen für ein Unternehmen mit gerade einmal 180 Mitarbeitern und einem Umsatz von rund 75 Millionen Euro (2013) auf den Tisch blättert, klingt auf den ersten Blick unvernünftig. Denn der Übernahmepreis beträgt ungefähr das Dreißigfache des Umsatzes. Unter dem Strich schrieb Algeta im vergangenen Geschäftsjahr sogar leicht rote Zahlen.
Doch nicht nackte Zahlen sind entscheidend, sondern Perspektiven und Innovationskraft. Vor zehn Jahren hatten die Norweger weniger als zehn Mitarbeiter. "Ein Schlüssel auf dem Weg, ein globales Unternehmen der Onkologie zu werden, sind die richtige Technologie, die Kapazität und die Menschen", heißt es in der Firmenpräsentation. Auch Experten sind überzeugt vom zusätzlichen Nutzen der Übernahme für die Bayer-Pharmasparte. Die Akquisition sei keineswegs überteuert, heißt es unisono.
Tatsächlich arbeiten Bayer und Algeta schon seit 2009 enger zusammen. Nämlich bei der Entwicklung und Vermarktung des Krebsmedikaments Xofigo, ein Mittel zur Behandlung von Prostatakrebs mit begleitenden Knochenmetastasen. In Fachkreisen wird es als "Alpha-Pharmazeutikum" bezeichnet, das in den Körper injiziert wird und von innen die Krebszellen mit radioaktiver Alphastrahlung bekämpft.
Mitte vergangenen Jahres wurde Xofigo in den USA und wenige Monate später auch in der EU zugelassen. "Gemeinsam mit dem Team von Algeta wollen wir das volle Potenzial dieses Geschäftes ausschöpfen", erklärte der Chef der Bayer Gesundheitssparte Olivier Brandicourt anlässlich der Ankündigung der Übernahmepläne im vergangenen Dezember.
Das Medikament ist ein Hoffnungsträger im Bayer-Konzern und es gehört zu den fünf Top-Pharmaprodukten, deren Zulassung die Leverkusener erst in jüngster Vergangenheit erhalten hat. Für alle fünf zusammen erwartet das Unternehmen ein Umsatzpotenzial von 5,5 Milliarden Euro jährlich.
Manager großer Pharmakonzerne werfen seit längerem ein Auge auf junge aufstrebende Unternehmen, die in der Forschung und Entwicklung von Krebsmedikamenten aktiv sind. Die Übernahmen solcher Firmen gelten als attraktiv, weil sie helfen, Forschungsausgaben zu senken. Gleichzeitig versprechen Krebs-Medikamente und neue Therapieansätze lukrative Erlöse, weil durch die Alterung der Bevölkerung die Krebserkrankungen steigen.
Im Bayer-Konzern ist die Gesundheitssparte mit einem Anteil von rund 47 Prozent (2012) die tragende Geschäftssäule. Von den knapp 20 Milliarden Euro Umsatz entfällt gut die Hälfte auf das Pharmageschäft. Hierunter fasst Bayer alle rezeptpflichtigen Medikamente wie unter anderem Betaferon (Multiple Sklerose), Kogenate (Bluterkrankung), YAZ/Yasmin (Empfängnisverhütung) und Nexavar (Nieren-, Leberkrebs) - die Umsatzrenner im Konzern.
Doch international ist Bayer in diesem Geschäft allenfalls ein mittelgroßer Anbieter. In einer Liste über die weltweit größten Pharmaunternehmen des Beratungsunternehmens IMS Health rangierte Bayer 2012 nur auf Platz 14.
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