Eine neue Postleitzahl zum Tumor
Forscher entwickeln eine rein chemische Methode, um therapeutische Nanopartikel an Zielzellen zu bringen
Julia Voigt / Prasad Shastri
Die Rezeptoren wirken im bisher üblichen Verfahren wie eine biologische Postleitzahl. Aber die Adresse der Tumoren verändert sich mit der Zeit. Um die Medikamentenpakete genauer zustellen zu können, fertigten Shastri und sein Team Partikel an, die Blutgefäßzellen, so genannte Endothelzellen, biophysikalisch anpeilen. „Diese Methode, Nanopartikel zu adressieren, braucht keine biologische Postleitzahl. Dies ist ein wichtiger Schritt, um Nanopartikel für die Krebstherapie zu entwickeln“, sagt Julia Voigt, Erstautorin der Publikation
Krebsgewebe ist gierig und Tumore brauchen eine stetige Nährstoffzufuhr. Dazu entstehen am Tumor eigens Blutgefäßsysteme. „In dem wir die Endothelzellen angreifen, aus denen diese Blutgefäße bestehen, hungern wir den Tumor aus und erledigen ihn in einem Aufwasch“, sagt Jon Christensen, der an Metastasen forscht und Ko-Autor der Studie ist.
Nanopartikel werden in der Krebstherapie verwendet, um Medikamente an Zellen zu liefen. In den Körper injiziert, erreichen die winzigen Pillen die Tumorzellen über das Blut. Wenn sie ihr Ziel finden, müssen sie von den Zellen absorbiert werden, damit die Pille wirken kann. Diesen Mechanismus nennt man rezeptorvermittelte Endozytose. Shastri und sein Team zielen mit der neuen Methode auf Transportprozesse ab, die besonders in Endothelzellen vorkommen. Auf diesen sind besonders viele so genannte Caveolae zu finden Eine Caveola ist eine Fettstruktur auf der Zellmembran und eines der vielen Tore zum Zellinneren. Shastri und sein Team entdeckten, dass Nanopillen, die mit Lipiden und negativ geladenen Polymeren ausgestattet sind, vorzugsweise durch diese Tore eintreten. „Wie genau die geladenen Polymere den Partikeln ermöglichen, diese Tür zu öffnen, ist noch unklar. Aber wir sind zuversichtlich, dass dank dieser Methode und mit weiterer Forschung ein völlig neuer Ansatz der Anlieferung von Wirkstoffen entstehen kann“, sagt Shastri. Das vom INTERREG-Programm geförderte Projekt Nano@matrix und das BIOSS Centre for Biological Signalling Studies förderten die Studien.
Originalveröffentlichung
Julia Voigt, Jon Christensen, V. Prasad Shastri: Differential uptake of nanoparticles by endothelial cells through polyelectrolytes with affinity for caveolae. PNAS Online Early Edition 2014.