Runzlige Finger nach einem Bad: Wir alle kennen dieses Phänomen. Verbringen wir längere Zeit im Wasser, nimmt unsere Haut Feuchtigkeit auf, und die Zellen der äußeren Hautschicht schwellen an. In trockener Umgebung gibt die Haut das zusätzlich aufgenommene Wasser aber ohne bleibende Schäden wieder ab und ist schon kurze Zeit später wieder glatt. Wie dies möglich ist, konnten Wissenschaftler nun anhand eines physikalischen Modells nachvollziehen: Professor Roland Roth vom Institut für Theoretische Physik der Universität Tübingen und Physikerin Dr. Myfanwy Evans von der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) modellierten im Computer erstmals die Struktur der äußeren Hautschicht auf der mesoskopischen Skala. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich in der Zeitschrift „Physical Review Letters“ veröffentlicht.
Unsere Haut ist ein komplexes Organ mit einer Vielzahl unterschiedlicher Funktionen. Die äußere Hautschicht, die sogenannte Epidermis, besteht aus abgestorbenen Hautzellen, erfüllt aber zentrale Aufgaben: Beispielsweise schützt sie unseren Körper vor Wasserverlust in trockener Umgebung und bewahrt ihn umgekehrt auch beim Baden vor der Aufnahme von zu viel Wasser.
Die Wissenschaftler berechneten in ihrem Computermodell die Prozesse, die bei einer Wasseraufnahme in den einzelnen Komponenten der Haut ablaufen, und stellten ein interessantes Wechselspiel in den äußeren Hautzellen fest. Die äußere Hautschicht enthält Keratin-Fasern in einer geometrisch geordneten Struktur. Keratin ist hydrophil, fühlt sich also in wässriger Umgebung sehr wohl, was erklärt, warum Hautzellen Wasser aufnehmen. Schwellen die Zellen dabei an, werden die Keratin-Fasern gedehnt ‒ dies kostet wiederum elastische Energie, wie bei einer Spiralfeder, die man in die Länge zieht.
Das Wechselspiel dieser Kräfte, die in entgegengesetzter Richtung wirken, bringt die Ausdehnung der Zellen zum Stillstand und sorgt dafür, dass die Haut nur eine begrenzte Menge Wasser aufnimmt. Die Ausdehnung stoppt, bevor sich die Keratin-Fasern berühren und permanent vernetzen können, was eine dauerhafte Änderung der mechanischen Eigenschaften der Zellen bewirken würde. Das führt dazu, dass unsere Haut das aufgenommene Wasser wieder abgibt und sich ohne bleibende Schäden glättet.
Die Studie könnte helfen, Hautkrankheiten besser zu verstehen und zu behandeln, und künstliche Materialien nach dem Vorbild der Haut zu schaffen.
Das Computermodell zeigt die Struktur der Keratin-Fasern der äußeren Hautzellen im zusammengezogenen (links) und ausgedehnten (rechts) Zustand. Der Raum zwischen den Fasern ist mit Wasser gefüllt.
Evans/Roth