Biotechnologen entwickeln Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen
Schätzungen zur Folge sollen die Erdölvorkommen Mitte des Jahrhunderts zur Neige gehen. Für Erdöl, das nicht nur als Ausgangssubstanz für Benzin oder Heizöl dient, sondern etwa auch für Farben, Kosmetik und Kunststoff, müsste spätestens dann eine Alternative her. Weltweit sind Forscher daher bemüht, neue und nachhaltige Wege für die industrielle Produktion zu erschließen. Auch an der Universität des Saarlandes beschäftigen sich Professor Christoph Wittmann und seine Arbeitsgruppe damit, etwa Chemikalien und Wirkstoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe herzustellen.
In einem neuartigen Ansatz arbeiten die Saarbrücker Forscher nun daran, Nylon mittels biotechnologischer Methoden zu produzieren. Nylon ist einer der weltweit wichtigsten Kunststoffe – er kommt nicht nur in Strumpfhosen, sondern auch in vielen Verbundwerkstoffen vor, die zum Beispiel beim Autobau verwendet werden. Bei seinem Verfahren setzt das Team um Wittmann auf die zentrale Vorstufe des Kunststoffs – die Adipinsäure. „Adipinsäure hat in den vergangenen Jahrzehnten vor allem als Baustein für Nylon-Kunststoffe, aber auch für Lebensmittelzusätze, Pharmazeutika, Dünger und Pflanzenschutzmittel einen Weltmarkt von jährlich mehreren Milliarden Euro pro Jahr erreicht“, sagt Professor Christoph Wittmann. Bislang sei die Säure aber nur unter hohem Energieverbrauch aus Erdöl zu gewinnen. Wittmann und sein Team wollen die Substanz künftig aus Abfallstoffen gewinnen. „In der Holz- und Papierindustrie sowie bei der Herstellung von Biotreibstoffen fällt viel Lignin an“, erläutert Wittmann. „Mangels Alternativen wird dies bislang meist nur verbrannt.“
Die Forscher möchten bei ihrem Vorhaben Stoffwechselwege von Bakterien ausnutzen, die verarbeitetes Lignin zu einer Vorstufe der Adipinsäure zusammensetzen können. „In einer chemischen Nachbehandlung, einer sogenannten Hydrierung, wollen wir diese Vorstufe direkt in Adipinsäure umwandeln und daraus dann den hochwertigen Kunststoff zusammenbauen – vollständig biobasiert aus Abfallstoffen“, so Wittmann weiter.
Zudem möchten die Saarbrücker Wissenschaftler ihren innovativen Prozess in den kommenden Jahren derart optimieren, dass die Technologie in der Industrie zum Einsatz kommen kann. „Wir werden daran arbeiten, dass die Bakterien als maßgeschneiderte Zellfabriken den natürlichen Kunststoff mit hoher Ausbeute und Reinheit fertigen“, erläutert der Professor. „Erste Analysen haben bereits gezeigt, dass das Verfahren sowohl sehr umweltschonend als auch wirtschaftlich rentabel sein kann. Es gibt bereits Nachfragen aus der Industrie nach Bio-Nylon.“ Das Bundesministerium für Bildung und Forschung stellt für das Vorhaben in den nächsten drei Jahren insgesamt 1,4 Millionen Euro bereit.
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