Mit dem Kuschelhormon Oxytocin gegen Aggression?

21.01.2014 - Deutschland

Im Rahmen einer internationalen Kooperation sollen in den kommenden vier Jahren sogenannte Biomarker – also charakteristische biologische Merkmale – für soziales Fehlverhalten bei Mädchen und jungen Frauen identifiziert werden. Im Zentrum stehen dabei Aggressivität und Gewaltverhalten. Der Europäische Forschungsrat (ERC) finanziert das Projekt, in dem Psychiater, Psychologen und Neurobiologen aus acht europäischen Ländern zusammen arbeiten, mit annähernd sechs Millionen Euro; die Gesamtkosten betragen über 8,2 Millionen Euro. Beteiligt ist auch Prof. Dr. Inga Neumann von der Universität Regensburg. Allein ihr Projekt wird mit über 300.000 Euro gefördert.

Soziales Fehlverhalten – bis hin zu aggressivem und gewalttätigem Verhalten – hat als Krankheitsbild nicht nur schwerwiegende Folgen für die betroffenen Individuen und ihre Integration in Familie, Schule, Arbeit oder Gesellschaft, sondern birgt natürlich auch ein Risiko für potentielle Gewaltopfer. Die meisten Studien zu den Ursachen dieser psychischen Störungen beschäftigten sich bislang mit männlichen Erwachsenen und Jugendlichen, obwohl soziales Fehlverhalten und eine damit verbundene Gewalttätigkeit zunehmend auch bei Frauen zu beobachten ist.

Das internationale Kooperationsprojekt nimmt vor diesem Hintergrund die psychischen und neurobiologischen Ursachen von sozialem Fehlverhalten bei Mädchen und jungen Frauen in den Blick. So sollen in den nächsten Jahren über Speichelproben unterschiedliche genetische Muster sowie der Hormonhaushalt von Probandinnen analysiert und dann mit den entsprechenden Verhaltensweisen verglichen werden. Aber auch mögliche Zusammenhänge zwischen traumatischen Erfahrungen in der frühen Kindheit (bspw. Missbrauch oder emotionale Vernachlässigung) und einem aggressivem Verhalten vor oder nach der Pubertät stehen im Mittelpunkt der künftigen Untersuchungen der internationalen Arbeitsgruppen.

Die Regensburger Forscherin Inga Neumann wird als einzige Neurobiologin des von klinischen Forschern dominierten Verbundes die Arbeitsweise des Gehirns von aggressiven und nicht-aggressiven Tieren untersuchen und in diesem Rahmen mögliche Behandlungsstrategien entwickeln. Gemeinsam mit ihrer niederländischen Humboldt-Stipendiatin Dr. Trynke de Jong und der ungarischen Doktorandin Fruzsina Rabi richtet sie dabei ein besonderes Augenmerk auf das als Kuschelhormon bekannt gewordene Oxytocin, das Mutterliebe, Paarbindung und Gesichtserkennung fördert. In Vorversuchen konnte Neumann bereits zeigen, dass Oxytocin auch zu einer Abschwächung von aggressivem Verhalten führt.

Das Regensburger Projekt ist in den Themenverbund der Universität Regensburg „Gewalt und Aggression in Natur und Kultur“ eingebettet. Diese interdisziplinäre Forschungsinitiative, die von Inga Neumann mit ins Leben gerufen wurde, untersucht medizinische, biologische, gesellschaftliche und sprachliche Ursachen, Motive und Folgen von Aggressionsverhalten bei Menschen und Tieren. Neben Biologen und Medizinern sind daran Theologen, Medien-, Literatur-, Kultur-, Rechts- und Politikwissenschaftler beteiligt.

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