Überlebensstrategie der Erreger der Lungenentzündung enttarnt

06.12.2013 - Deutschland

Forscher der Universität Greifswald und des Institute of Physical Chemistry „Rocasolano“ (IQRF) in Madrid konnten einen neuen Resistenzmechanismus bei Pneumokokken aufklären. Pneumokokken sind die häufigsten Erreger der Lungenentzündung bei Menschen. Die Forscher konnten nachweisen, dass ein Proteinkomplex auf der Bakterienoberfläche sich den Angriffen des Immunsystems über ein extrazelluläres Elektronentransportsystem widersetzt. Dabei werden beschädigte Proteine wieder repariert und bleiben somit aktiv. Die Ergebnisse ihrer Studie konnten die Forscher jetzt in der molekularmedizinischen Fachzeitschrift „EMBO Molecular Medicine“ veröffentlichen.

Überlebensstrategien und die Fähigkeit, auch benachbarte Bakterien im menschlichen Körper zu bekämpfen, zeichnen erfolgreiche bakterielle Krankheitserreger aus. Infektionen mit Streptococcus pneumoniae, besser bekannt als Pneumokokken, sind für weltweit mehr als 1,5 Millionen Todesfälle pro Jahr verantwortlich. Damit töten Pneumokokken mehr Menschen als alle anderen Erkrankungen, die durch einen Impfstoff zu verhindern wären. Pneumokokken, eigentlich harmlose Bewohner des menschlichen Nasenrachenraumes, sind die häufigsten Verursacher einer außerhalb des Krankenhauses erworbenen Lungenentzündung (ambulant erworbenen Pneumonie, AEP). Obwohl diese Bakterien mit Antibiotika bekämpft werden können und Impfstoffe zur Verfügung stehen, ist die Anzahl der Infektionen und Todesfälle seit Jahrzehnten auf einem konstant hohen Niveau. Gründe dafür sind die steigenden Antibiotikaresistenzen sowie die eingeschränkte Wirksamkeit der Impfstoffe, die nicht gegen alle Serotypen wirksam sind.

In ihrer Studie „Molecular architecture of Streptococcus pneumoniae surface thioredoxin-fold lipoproteins crucial for extracellular oxidative stress resistance and maintenance of virulence” konnten die Greifswalder Infektionsforscher aus dem Team von Professor Dr. Sven Hammerschmidt zusammen mit Strukturbiologen aus Madrid vom Instituto de Quíica-Físca „Rosacalano“ einen Proteinkomplex aufklären, der die Pneumokokken vor oxidativem Stress schützt und oxidierte Proteine repariert. Reaktive Sauerstoffspezies der Immunabwehr schädigen bakterielle Proteine, die entweder inaktiv werden oder durch anti-oxidative Systeme wieder repariert werden müssen. Da Pneumokokken selber auch hohe Mengen an reaktivem Wasserstoffperoxid produzieren, ist ein „Selbstschutz“ notwendig. In ihrer Arbeit konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass zwei unabhängig voneinander produzierte Thioredoxinproteine zu diesem System gehören; erst wenn eines der beiden Proteine fehlt, wird der Erreger empfindlicher gegenüber hohen Sauerstoffkonzentrationen. In weiteren in vivo Versuchen konnten die Wissenschaftler außerdem zeigen, dass dieser Proteinkomplex für eine erfolgreiche Infektion und das Entstehen einer Lungenentzündung (Pneumonie) notwendig ist.
Die Proteine sind in identischer Form auf der Oberfläche aller Pneumokokken vorhanden. In weiteren Studien soll nachgewiesen werden, inwieweit diese Proteine Zielstrukturen für neue antimikrobielle Therapien oder Impfstoffentwicklungen sein können.

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