Mikro-Partikel hungern Krebszellen aus
Fraunhofer IPA
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Jede Zelle im menschlichen Körper überlebt auf Dauer nur, wenn sie ausreichend mit Nährstoffen versorgt wird. Das gilt ganz besonders für Krebszellen. Weil sie vor allem auf Wachstum programmiert sind, ist ihr Nährstoffbedarf in vielen Fällen besonders groß. Genau hier setzt die Embolisationstherapie an: Kann ein Tumor nicht durch Chemotherapie zerstört oder chirurgisch entfernt werden, gibt es die Möglichkeit, ihn auszuhungern – also gezielt das Geflecht feiner Adern zu verstopfen, welches die Krebszellen am Leben erhält.
Zum Einsatz kommen bei dieser Form der Krebstherapie Gele, Schäume und Partikel aus Kunststoff. »Gegenüber Gelen und Schäumen haben Partikel den Vorteil, dass sie wesentlich schneller und einfacher zu verabreichen sind«, erklärt Christian Reis von der Fraunhofer IPA-Projektgruppe PAMB. In einer flüssigen Lösung werden sie durch einen Katheter oder Mikrokatheter direkt dorthin geleitet, wo sie gebraucht werden. Ein größerer operativer Eingriff ist nicht notwendig.
Das Problem dabei: Die bislang verwendeten Partikel auf Basis von Polyvinylalkohol (PVA) sind weder auf Röntgen-Aufnahmen noch mit Hilfe der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) zu sehen. Ihr Weg lässt sich nur indirekt über die Trägerflüssigkeit verfolgen, in der sie gespritzt werden. Dazu muss dieser Flüssigkeit jedoch ein Kontrastmittel beigemischt sein. Gemeinsam mit Medizinern des Mannheimer Instituts für klinische Radiologie und Nuklearmedizin (IKRN) haben Reis und sein Team deshalb im Projekt EmboFORM-Partikel entwickelt, die mittels Röntgen und MRT direkt sichtbar sind – auch dann noch, wenn die Trägerflüssigkeit längst verschwunden ist. »Der behandelnde Radiologe kann nun nicht nur den Eingriff selbst überwachen, sondern auch den weiteren Verlauf der Therapie im Blick behalten«, erläutert Projektleiter Reis.
Für den Patienten ist dabei von Vorteil, dass die Stoffe, die den nötigen Kontrast für das CT erzeugen, hochkonzentriert in den Partikeln selbst vorliegen und damit die Strahlenbelastung während der Durchleuchtung sinkt: Die EmboFORM-Partikel bestehen unter anderem aus dem Monomer MAOETIB. In MAOETIB ist bereits eine geringe Menge Jod enthalten, die ausreicht, um die Partikel auf einem Röntgenschirm aufscheinen zu lassen. Für den Einsatz mit Magnet-Resonanz-Tomographie werden Eisenpartikel zugemischt.
Die Größe der Partikel lässt sich auf den jeweiligen Anwendungsfall einstellen. Die benötigte Partikelgröße hängt unter anderem von der Größe der Blutgefäße ab, die sie blockieren sollen. »Wir können derzeit Partikel mit Durchmessern von 100, 180 und 300 Mikrometern herstellen, und das mit einer Abweichung von lediglich 0,6 Prozent von unserer Zielgröße«, berichtet Reis. Partikel in diesen Größenordnungen werden beispielsweise zur Behandlung von Lebertumoren verwendet.