Neuartige Mikrokapseln entwickelt

Materialwissenschaftlern aus Bremen und Stanford gelingt der Durchbruch bei der Miniaturisierung von Medikamentträgern

28.08.2013 - Deutschland

Mehr als 1.000-mal kleiner als ein Sandkorn und über 20-mal dünner als ein menschliches Haar: So „klein“ sind die neuartigen Mikrokapseln mit dem interessanten Namen Colloidosome. Sie haben ein großes Potenzial, vorrangig medizinisch mit einer hoch exakten Dosierung für bestimmte Zellen verwendet zu werden. Materialwissenschaftlern der Universitäten in Bremen und Stanford (USA) ist es jetzt gelungen, eine neue Generation von Mikrokapseln mit einem Durchmesser von 300 Nanometern zu entwickeln. Sie sind damit zehnmal kleiner als die bisher bekannten Colloidosome, die erstmals 2002 von Wissenschaftlern in Harvard hergestellt wurden. Damit eröffnen sich neue Wege im Kampf gegen Erkrankungen wie beispielsweise Krebs.

"Uni Bremen / Advanced Ceramics"

Hochauflösende Elektronenmikroskop-Aufnahme einer Mikrokapsel.

Die Mikrokapseln gleichen einem winzigen, mit Wasser gefüllten Ball, der lediglich aus einer Hülle von einzelnen Nanopartikeln besteht. Diese besondere Hülle ist es auch, die den Kapseln ihre neuartigen Eigenschaften verleihen. Durch kleine Löcher in der Hülle der Kapseln (Durchmesser 1-5 nm), die zwischen den Nanopartikeln der Hülle entstehen, können Moleküle wie z.B. Medikamente aus dem Inneren der Kapseln dosiert freigesetzt werden. Hieraus ergibt sich auch das Einsatzgebiet der Colloidosome, das vor allem in der Medizin liegt. Tobias Bollhorst, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Keramische Werkstoffe und Bauteile (Advanced Ceramics) im Fachbereich Produktionstechnik der Universität Bremen, der sich im Rahmen seiner Promotion mit den potenziell vielseitig verwendbaren Kapseln beschäftigt, beschreibt ein mögliches Einsatzgebiet wie folgt: „Langfristiges Ziel ist es, ein Mittel zur Krebsbekämpfung in das Innere der Mikrokapseln einzulagern und die Medikamente dann im hohen Maße zur Tumorbekämpfung gezielt an bestimmten Stellen im menschlichen Körper freizusetzen. Die Effizienz von Krebstherapien könnte so enorm gesteigert werden.“ Bisherige Colloidosome waren jedoch zu groß, um effektiv im Körper eingesetzt werden zu können. Die Miniaturisierung der Kapseln ist somit ein entscheidender Durchbruch hin zur Anwendung als Wirkstoffträger.

Das Geheimnis der neuen Mikrokapseln: Lipide

Das Geheimnis des Erfolges, das die neuartigen Kapseln von ähnlichen Studien abgrenzt, liegt in der Verwendung von sogenannten Lipiden, also Fettsäuren, die die Kapseln stabilisieren. Fettsäuren befinden sich u. a. in Butter und sind für den menschlichen Organismus hervorragend verträglich. Diese Fettsäuren lagern sich bei der Herstellung der Kapseln zwischen den einzelnen Nanopartikeln an und führen so zu einem starken Zusammenhalt der Colloidosome.

Den Grundstein zur Herstellung der neuartigen Mikrokapseln legte der heute in Bremen tätige Gruppenleiter und Mitbetreuer der Promotion Michael Maas bereits vor zwei Jahren. Damals forschte Michael Maas in den Laboren von Co-Autor Gerald Fuller an der Stanford Universität an extrem dünnen Schichten aus den Nanopartikeln und den Fettsäuren, die jetzt in Bremen erfolgreich zur Herstellung der Kapseln eingesetzt werden. „Es ist großartig, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung nutzen zu können, um die Entwicklung von innovativen Wirkstoffträgern voranzubringen. Theoretisch können die unterschiedlichsten Arten von Nanopartikeln für die Herstellung von Colloidosomen eingesetzt werden. Dadurch haben wir ein Baukastensystem, welches fast beliebig angepasst und erweitert werden kann.“

Professor Kurosch Rezwan, Leiter des Fachgebiets an der Uni Bremen, hebt hervor: „Der Durchbruch ist fundamental und wir stehen noch ganz am Anfang. Aber es ist schon jetzt klar, dass diese neuartigen Mikrokapseln für viele Anwendungsfelder tolle Eigenschaften mitbringen. Es ist nun unser Ziel das bestehende System in den nächsten Jahren weiter stark zu optimieren und die Mikrokapseln langfristig vom Labormaßstab hin zum Einsatz in der industriellen Anwendung zu führen.“ Zudem betont Rezwan, dass ohne die enge Zusammenarbeit mit der von Professor Andreas Rosenauer geleiteten Arbeitsgruppe Elektronenmikroskopie und seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Tim Grieb die für die Publikation notwendigen, hochauflösenden elektronenmikroskopischen Aufnahmen nicht hätten erzielt werden können.

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