„Brain Prize“ für Begründer der Optogenetik
Grete Lundbeck Stiftung würdigt Bedeutung des jungen Forschungsgebiets für die Neurowissenschaften
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Die Untersuchungen an der einzelligen Süßwasseralge Chlamydomonas reinhardtii sind Paradebeispiele dafür, wie Entdeckungen aus der Grundlagenforschung breite Anwendung über das eigentliche Fachgebiet hinaus finden können. Der Einzeller besitzt Lichtsinnesproteine zur Orientierung und Energiegewinnung, sogenannte Channelrhodopsine. Diese Proteine nutzen Wissenschaftler seit einigen Jahren, um Nerven- und Muskelzellen mit hoher zeitlicher und räumlicher Genauigkeit elekrodenfrei mit Licht zu aktivieren oder still zu legen.
Peter Hegemann hatte bereits 1985 am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried mit der Forschung über die Lichtwahrnehmung von Algen begonnen. Von 1995 an gelang es Georg Nagel und Ernst Bamberg am Max-Planck-Institut für Biophysik, verschiedene bakterielle Rhodopsine auf Froscheier und menschliche Nierenzellen zu übertragen und ihre elektrophysiologischen Eigenschaften zu beschreiben. In den Jahren 2002 und 2003 konnten Peter Hegemann, nun an der Universität Regensburg, Georg Nagel und Ernst Bamberg die außergewöhnliche Funktion der Algen-Rhodopsine beweisen: Durch die Übertragung des Rhodopsin-Gens auf Eizellen des Krallenfrosches stellten sie fest, dass die Algen-Rhodopsine Lichtrezeptor und Ionenkanal in einem einzigen Protein vereinen.
Aufbauend auf den Entdeckungen von Bamberg, Hegemann, Nagel und Miesenböck gelang es den beiden amerikanischen Preisträgern Deisseroth und Boyden, Nervenzellen mithilfe der Rhodopsine mit Licht elektrodenfrei an- und auszuschalten. So lässt sich die Funktionsweise der Nervenzellnetzwerke im Gehirn lebender Tiere untersuchen.
Die Optogenetik eignet sich zur Untersuchung neurologischer Erkrankungen wie Epilepsie, Parkinson, Depression oder Altersblindheit. Wichtiges Hilfsmittel sind dabei genetisch veränderte Tiere mit Krankheitsbildern, die menschlichen Erkrankungen ähneln und die mit Rhodopsin- Genen ausgestattet sind. Ziel ist es, im Gehirn oder im Auge der Tiere Nervenzellen mit Licht kontrolliert an- oder abzuschalten. Dadurch sollen die entsprechenden Krankheitsphänomene aufgehoben, beziehungsweise durch einen Gendefekt erblindeten Mäusen das Sehvermögen zurückgegeben werden. Die erfolgreichen Tierversuche eröffnen eine Perspektive für biomedizinische Anwendungen.
Der „Brain Prize“ ist einer der weltweit höchstdotierte Forschungspreise in den Neurowissenschaften und wird dieses Jahr zum dritten Mal vergeben. Das Preisgeld stützt die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern in Europa und den USA und trägt so zur Stärkung der internationalen neurologischen Forschungslandschaft bei.