Genfluss von Indien nach Australien vor 4.000 Jahren

Lange vor der europäischen Besiedlung wanderten Menschen vom indischen Subkontinent in Australien ein und vermischten sich mit den Aborigines

17.01.2013 - Deutschland

Bisher ging man davon aus, dass Australien zwischen seiner ursprünglichen Besiedlung vor etwa 40.000 Jahren und der Ankunft von Europäern im späten 18. Jahrhundert größtenteils isoliert geblieben war. In einer neuen Studie belegen Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig jetzt einen substanziellen Genfluss zwischen indischen Populationen und Australiern vor etwa 4.000 Jahren. Darüber hinaus belegen die Forscher eine gemeinsame Herkunft von Populationen aus Australien, Neuguinea und den auf den Philippinen lebenden Mamanwa. Diese Populationen waren einer frühen südlichen Migrationsroute aus Afrika heraus gefolgt, während andere Populationen die Region erst zu einem späteren Zeitpunkt besiedelten.

© Gunter Senft/MPI f. Psycholinguistik

Vor 4000 Jahren war Australien nicht mehr mit dem Festland verbunden, wie es während der Eiszeit der Fall gewesen war. Die Neuankömmlinge kamen also per Schiff über das Meer.

© MPI f. evolutionäre Anthropologie

Irina Pugach bei der Arbeit im Labor.

© Gunter Senft/MPI f. Psycholinguistik
© MPI f. evolutionäre Anthropologie

In Australien finden sich die frühesten archäologischen Belege für die Anwesenheit von modernen Menschen außerhalb Afrikas. Die frühesten Fundstätten werden auf ein Alter von wenigstens 45.000 Jahren datiert. Die australischen Aborigines zählen somit zu den ältesten kontinuierlich wachsenden Populationen außerhalb Afrikas. In Fachkreisen wird angenommen, dass es im Anschluss an die ursprüngliche Verbreitung von Menschen über die gemeinsame Landmasse Australien-Neuguinea (Sahul) und vor dem Eintreffen der Europäer im 18. Jahrhundert keinen Kontakt zwischen Australien und dem Rest der Welt gegeben hat.

Die Wissenschaftlerin Irina Pugach und Kollegen vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig analysierten in ihrer aktuellen Studie die genetische Variation innerhalb des Erbguts von australischen Aborigines, Bewohnern Neuguineas, Bewohnern der Südostasiatischen Inseln und Indern. Das Ergebnis: Vor 4.230 Jahren kam es während des Holozäns, also deutlich vor dem Kontakt mit Europäern, zu einem substanziellen Genfluss von Indien nach Australien. „Interessanterweise findet man etwa zur selben Zeit zahlreiche Veränderungen im australischen Fossilbericht“, sagt Erstautorin Irina Pugach. „Dazu gehören plötzliche Veränderungen bei der Verarbeitung von Pflanzenteilen und der Herstellung von Steinwerkzeugen sowie das erste Erscheinen des Dingos in der Region.“ Pugach fasst zusammen: “Da es etwa zeitgleich einen Zufluss von Genen aus Indien nach Australien gegeben hat, stehen die Veränderungen sehr wahrscheinlich mit dieser Migration in Verbindung.“

Weiterhin belegen die Wissenschaftler eine gemeinsame Herkunft von Populationen aus Australien, Neuguinea und den auf den Philippinen lebenden Mamanwa – einer Negritogruppe – und schätzen, dass diese Gruppen sich vor etwa 36.000 Jahren getrennt voneinander weiter entwickelten. Max-Planck-Wissenschaftler Mark Stoneking sagt: „Die Ergebnisse unterstützen die Ansicht, dass es sich bei diesen Populationen um die Nachfahren der Menschen handelt, die einer uralten südlichen Migrationsroute aus Afrika heraus gefolgt waren, während andere Populationen die Region erst später über eine andere Migrationsroute besiedelten.“ Das bedeutet auch, dass Australier und Neuguineer sich bereits frühzeitig in der Geschichte Sahuls getrennt voneinander weiterentwickelten und nicht erst nachdem diese Landabschnitte vor etwa 8.000 Jahren durch den ansteigenden Meeresspiegel voneinander getrennt wurden.

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