Internationales Forscher-Team entdeckt neues Alzheimer-Gen
Die Arbeit zeige - in Übereinstimmung mit anderen Studiendaten - dass es sicher sinnvoll sei, sowohl bei der Suche nach weiteren diagnostischen Indikatoren, also Biomarkern, als auch neuer Alzheimer-Therapien entzündliche Vorgänge im Gehirn zu berücksichtigen, so Harald Hampel (Universität Frankfurt am Main), einer der an der aktuellen Genom-Studie beteiligten Wissenschaftler. Die Arbeit des Teams um die Professoren Hampel und Kári Stefánsson, Chef des isländischen Unternehmens Decode Genetics, ist gerade im "New England Journal of Medicine" erschienen.
Bei dem neuen Risikofaktor handelt es sich um die Variante eines Gens, das die Bauanleitung für einen speziellen Zell-Rezeptor (TREM2) enthält. Im Gehirn findet sich der Rezeptor vor allem auf Mikroglia-Zellen, die, wenn sie aktiviert sind, an der Phagozytose von Zell-Abfall und auch Amyloid beteiligt sind. Mikroglia-Zellen können auch die Produktion proinflammatorischer Zytokine (etwa Tumor-Nekrose-Faktor) fördern oder sich zu Antigen-präsentierenden Zellen entwickeln, also möglicherweise eine Immunreaktion auslösen.
Die Gen-Variante beruht auf einer Punktmutation, die im Gen-Produkt zu einem Austausch der Aminosäuren Histidin und Arginin führt. Da der physiologische Rezeptor TREM2 an der Phagozytose - unter anderem von toxischen Amyloid-Plaques - beteiligt ist, kann es sein, dass der genetisch bedingt defekte Rezeptor einen gestörten Abtransport solcher neurotoxischer Produkte zur Folge hat.
Nach Angaben der Forscher ist das Risiko-Allel (rs75932628-T) zwar sehr selten (0,63 Prozent in der isländischen Studien-Population); doch Träger dieses Allels haben, wie der Vergleich mit mindestens 85-jährigen Nicht-Trägern ergab, ein um den Faktor 2,92 erhöhtes Alzheimer-Risiko. Diese Risiko-Zunahme entspricht in etwa jener, die mit dem als Risikofaktor bekannten ApoE-e4-Allel verbunden ist (Faktor 3,08). Dessen Häufigkeit in der isländischen Population ist mit rund 17 Prozent jedoch deutlich größer.
Weitere Berechnungen des Teams lieferten zudem Hinweise darauf, dass Personen mit der neuen Gen-Variante früher an Alzheimer erkranken als Nicht-Träger. Außerdem hätten die Analysen gezeigt, dass die kognitive Leistungsfähigkeit von 80 bis 100 Jahre alten Trägern des Allels schlechter sei als die von gleichaltrigen Nicht-Trägern, berichten die Autoren, deren Arbeit vom "National Institute on Aging" und anderen Institutionen einschließlich der EU-Kommission unterstützt wurde.
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