DNA-Analyse löst Rätsel um Jörg Jenatsch nicht
Archäologischer Dienst Graubünden
Antike DNA erhalten
Bei der Analyse von archäologischen Proben muss sichergestellt werden, dass die extrahierte DNA tatsächlich vom untersuchten Material stammt und es sich nicht um eine Kontamination mit moderner DNA handelt. Die DNA von Teilen des Oberschenkelknochens sowie eines Backenzahns wurde am Zentrum für Evolutionäre Medizin des Anatomischen Instituts der Universität Zürich untersucht. «Die gewonnene DNA war stark degradiert. Wir konnten dennoch genetische Analysen durchführen», sagt Molekularbiologin Cordula Haas vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich, an dem die Proben mituntersucht wurden.
Um die Verwandtschaft von Jörg Jenatsch mit den männlichen Nachfahren seines Urgrossvaters zu prüfen, wurden Y-chromosomale Merkmale untersucht, die so genannten Y-STRs (short tandem repeats) und Y-SNPs (single nucleotide polymorphisms). Die 22 untersuchten Y-SNPs waren sowohl bei den drei Nachfahren als auch beim Skelett identisch. Allerdings kommt dieses Y-SNP-Muster in Mitteleuropa relativ häufig vor und das Ergebnis ist daher nicht sehr aussagekräftig. Die Y-STRs zeigten identische Ergebnisse bei den drei Nachfahren, jedoch in 3 von 23 untersuchten Y-STRs Abweichungen zum Skelett. Die biostatistische Auswertung zur Verwandtschaftswahrscheinlichkeit ergab kein schlüssiges Resultat. «Mit genetischen Abklärungen konnten wir also keine absolute Gewissheit über die Identität des Skeletts gewinnen», so Cordula Haas.
Gute Indizienlage
Übrig bleiben jene Indizien, welche bereits vor der genetischen Analyse zur Identifikation der Leiche beigezogen werden konnten. Laut Auskunft von Christina Papageorgopoulou, der leitenden Anthropologin des Projekts, handelt es sich beim männlichen Skelett um ein erwachsenes Individuum maturen Alters – also älter als 40 Jahre und jünger als 60 Jahre alt – was für den 43-jährig ermordeten Jenatsch zutreffen würde. Weiter ist höchst wahrscheinlich, dass die am Skelett festgestellten Schädelfrakturen zum Tod der Person geführt haben. Auch dieses Indiz trifft für den offenbar mit Axthieben gegen den Kopf erschlagenen Jenatsch zu. Zudem weist die Kleidung den Toten als reiche, nicht klerikale Person aus, die im 17. Jahrhundert lebte. Und zuletzt stimmt der Bestattungsort mit einer zeitgenössischen Quelle, wonach Jenatsch unter der Orgel in der Churer Kathedrale beigesetzt wurde, überein. «Alles in allem eine gute Indizienlage», so das Fazit von Projektleiter Manuel Janosa. «Wir dürfen mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, dass es sich beim Grab um jenes von Jörg Jenatsch handelt.»