Gegen zunehmende Resistenzen: Forschende Pharma-Unternehmen läuten Trendwende bei Antibiotika ein

09.10.2012 - Deutschland

In den nächsten Monaten kommen wieder zwei neue Antibiotika auf den Markt. "Dies ist der Beginn einer positiven Trendwende in diesem wichtigen Arzneimittelsektor", erläuterte Birgit Fischer, die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa). "Sie dürfte sich in den nächsten fünf Jahren mit bis zu neun weiteren Breitband-Antibiotika sowie mehreren Tuberkulose-Mitteln fortsetzen. Pharma-Unternehmen entwickeln diese neuen Präparate insbesondere für Patienten, die an Infektionen mit Problemkeimen leiden; etwa dem
vielfach-resistenten Krankenhauskeim MRSA oder Clostridium difficile, einem Verursacher schwerer Darminfektionen. Das sind gute Nachrichten für Betroffene, die darauf angewiesen sind, dass die Medizin den Erregern überlegen ist und bleibt." Die letzten Neueinführungen von Antibiotika liegen vier Jahre zurück.

Die Bedeutung der neuen Antibiotika wird deutlich vor dem Hintergrund der wachsenden Sorge vor Bakterien, die gegen immer mehr ältere Mittel resistent geworden sind. Träger des Fortschritts sind einige große und viele kleine und mittlere Pharmafirmen in Europa, den USA und Ostasien, die die Antibiotika-Forschung zu einem ihrer Schwerpunkte gemacht haben.

ND4BB: Neue Antibiotika durch kooperative Forschung

Trotz dieser Fortschritte besteht mittelfristig weiterer Bedarf, vor allem an Antibiotika mit neuartigen Wirkprinzipien. Diese sollen insbesondere sogenannte Gram-negative Bakterien sowie von je her schwer therapierbare Infektionen wie Pseudomonas-Befall der Lunge, Spät-Borreliose und Burili-Ulcus bekämpfen. Allerdings hat sich die Erfindung neuartiger antibakterieller Wirkprinzipien als besonders schwierig erwiesen. Auch stehen die Firmen vor dem Problem, dass der teuren Forschung nur vergleichsweise geringe Ertragsmöglichkeiten gegenüberstehen, da neue Antibiotika vorzugsweise in Reserve gehalten und möglichst selten eingesetzt werden.

Auswege soll das Forschungsprogramm "NewDrugs4BadBugs" (ND4BB) der europäischen Innovative Medicines Initiative (IMI) weisen. In diesem seit März 2012 laufenden Programm können akademische Forschergruppen und Firmen binnen sieben
Jahren gemeinsam mehr als 220 Millionen Euro für Antibiotika-Forschung aufwenden. Fünf Mitgliedsunternehmen des vfa wirken daran mit. ND4BB ist Teil des "Aktionsplans zur Abwehr antimikrobieller Resistenzen" der Europäischen Kommission vom November 2011. IMI ist eine Public-Private Partnership der Europäischen Kommission und der forschenden Pharmaindustrie in Europa.

Alle Projektpartner von ND4BB werden sich gegenseitig Einblick in ihre gescheiterten Antibiotika-Projekte der jüngeren Vergangenheit gewähren und daraus Schlüsse ziehen, wie sich die Chancen neuer Projekte verbessern lassen. Diese sollen dann vor allem gegen gramnegative Bakterien gerichtet sein. "Ein so weitreichendes Teilen des Knowhows über Firmengrenzen hinweg hat es in unserer Branche bisher noch nicht gegeben", sagte Fischer. "Bewährt sich das, könnte ND4BB zum Modell für weitere Projekte für schwierige Gebiete der Pharmaforschung werden."

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