Eiweiße übernehmen Filterfunktion
Hochselektive und superschnelle Filter werden denkbar
Strukturveränderung macht Kohlendioxid den Weg frei
Die Darmstädter haben Aquaporine untersuch, die dafür bekannt sind, quasi einen Tunnel für Wassermoleküle zu bilden. Dass sie darüber hinaus auch Kohlendioxid-Moleküle durch die Membran hindurchlassen könnten, hatten die Wissenschaftler zwar vermutet, waren jedoch auf wenig Zustimmung unter den Kollegen gestoßen, denn „biophysikalisch ist das zunächst nicht erklärbar. Ihre Struktur ermöglicht es Kohlendioxid-Molekülen, frei durch Membranen zu diffundieren – Proteine, die eine Diffusion erleichtern, sind also nicht notwendig“, berichtet Kaldenhoff. „Aquaporine fungieren nur als CO2-Kanal in der tetrameren Form, also wenn sich vier von ihnen zusammenlegen und in ihrer Mitte eine Art Pore bilden. Durch diese diffundiert vermutlich das CO2.“
Großes wirtschaftliches Potenzial
In Pflanzen sind mehr als 20 Aquaporine bekannt, beim Menschen immerhin 13. Sie sind noch lange nicht ausreichend erforscht bezüglich ihrer Tunnelfunktionen. Die Darmstädter haben sich Aquaporinen aus der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) gewidmet. Die Arbeit der Darmstädter zeigt: Diese Aquaporine können die CO2-Diffusion im Gewebe erhöhen und damit die CO2-Versorgung von Chloroplasten verbessern. Diese wiederum sind Bestandteile pflanzlicher Zellen, die für die Photosynthese und damit auch für das Wachstum der Pflanze verantwortlich sind.
Neben Anwendungen im Agrarbereich ist ein technischer Einsatz der Proteine in Filtern denkbar. „Das wirtschaftliche Potenzial ist groß“, formuliert es Kaldenhoff. Generell lassen sich aus undurchlässigen durchlässige Membranen herstellen – und zwar wohldefiniert für einzelne Moleküle. Das wiederum bedeutet, dass man sehr selektive Filter bauen kann, mit deren Hilfe Moleküle in einer heute nicht denkbaren Geschwindigkeit aus Flüssigkeiten oder Gasen beziehungsweise der Luft herausgefiltert werden können. „Die Wasserleitfähigkeit etwa könnte um den Faktor 1000 höher sein als alles, was Menschen derzeit an Wasserleitfähigkeit herstellen können“, begeistert sich Kaldenhoff. „Viele denkbare Filtermedien könnten Wirklichkeit werden, von denen wir heute nur träumen.“ Zum Beispiel ließe sich Kohlendioxid aus der Luft viel effizienter herausfiltern – der Klimakiller kein Thema mehr?
Erste praktische Ansätze
Auch den Glauben, die CO2-Leitfähigkeit menschlicher Zellen sei unveränderbar, haben Kaldenhoff und seine Mitarbeiter damit erschüttert. „Doch, sie ist beeinflussbar, und das bringt uns schnell zu medizinischen Anwendungen. So könnte man sich vorstellen, Atemnot durch ein Aquaporine beeinflussendes Medikament zu behandeln.“ Erste Versuche mit Mäusen zeigen, dass Aquaporine gegen Kurzatmigkeit wirken.
Die Biologen der TU Darmstadt spezialisieren sich allerdings auf den Agrarsektor. Sie werden in Kürze gemeinsam mit einem Industrieunternehmen versuchen, Pflanzen tatsächlich schneller wachsen zu lassen.
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