Deutsche wissen wenig über Herztod - Ärzte wollen Belohnung für Dünne

05.09.2002

Berlin (dpa) - Die Deutschen haben nach Einschätzungen von Fachärzten immer noch ein zu geringes Risikobewusstsein für Herz- und Kreislauferkrankungen. «Dieses Problem lässt sich wohl nur über neue Gesundheitsprogramme mit einem Belohnungssystem von Krankenkassen oder Lebensversicherungen lösen», sagte Herz-Spezialist Eckart Fleck am Mittwoch zum Abschluss des Europäischen Kardiologen-Kongresses in Berlin. Die deutsche Herzstiftung kritisierte ein zu geringes Wissen über die Symptome eines Herzinfarkts. Zu dem Kongress waren 23 000 Kardiologen nach Berlin gekommen. «Das ist eine Rekordbeteiligung», ergänzte Fleck.

Die Vorbeugung gegen Herzkrankheiten muss nach Meinung der Ärzte viel stärker als Privatinitiative zu Hause beginnen. «Das Beste wäre eine vegetarische Ernährung, aber das macht kaum jemand freiwillig», sagte Martin Gottwik, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Um ein Umdenken zu erreichen, könnten Belohnungssysteme oder sogar Strafregister greifen. Deutschland sei mit 25 Millionen Rauchern, 20 Millionen Menschen mit Fettstoffwechselstörungen und 16 Millionen Bluthochdruck-Kranken in Europa das Schlusslicht bei der Prävention.

Als «Strafe» schlug Gottwik vor, die Krankenkassen-Beitragssätze beispielsweise für Übergewichtige zu erhöhen. Wer hingegen mit mehr als 45 Jahren noch schlank und fit sei, sollte einen Jahresbeitrag von der Krankenversicherung zurückerstattet bekommen. Als Risikofaktoren für Herzerkrankungen gelten Rauchen, Übergewicht, hoher Blutdruck, erhöhte Cholesterinwerte, Bewegungsmangel, falsche Ernährung und Stress. In Deutschland haben nach Angaben der Deutschen Herzstiftung rund 12 Millionen Menschen kein gesundes Herz mehr. Jährlich erleiden rund 300 000 Menschen einen Herzinfarkt, mehr als 183 000 sterben daran.

«Diese Todeszahlen könnten sinken, wenn mehr Menschen die Symptome eines Herzinfarkts erkennen würden und dann schneller handelten», sagte Hans-Jürgen Becker, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Vor allem in Ostdeutschland, wo früher weniger Aufklärung betrieben worden sei, wüssten zu wenige, dass ein minutenlanger schneidender Schmerz in der Brust Anzeichen eines Infarkts sei. «Wer dann in zwei bis drei Stunden im Krankenhaus ist, hat noch eine gute Chance zu überleben», ergänzte Becker.

Mit neuer Medizintechnik, so die Erkenntnisse auf dem Kardiologenkongress, kann Herzkranken immer häufiger ohne aufwendige Operationen geholfen werden. Tomographen und Ultraschall liefern inzwischen so exakte Bilder, dass Patienten eine schmerzhafte Katheter-Untersuchung erspart bleiben kann. Im Ernstfall müssen die Ärzte allerdings immer noch zum Messer greifen. Allerdings kann eine Herzoperation in manchen Fällen durch neue Techniken wie etwa beschichtete Gefäßstützen überflüssig werden.

Mit Aufklärungskampagnen will die Herzstiftung das Wissen um die Ursache von Herzkrankheiten weiter erhöhen. In Berlin war das Interesse an Gesundheits-Checks während des Kongresses groß. Rund 43 000 Besucher ließen am Wochenende ihren Blutdruck messen oder ihre Blutfettwerte testen, dabei waren die Frauen oft mutiger als die Männer. Bei 26 Prozent der auf Blutfett getesten Männer und einem Prozent der Frauen wurden deutliche Risiken festgestellt.

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