Biosignaturen zur Unterscheidung von Tuberkulose und Sarkoidose
Für eine eindeutige Krankheitsdiagnose sind verschiedene Kombinationen von Biomarkern erforderlich
© MPI für Infektionsbiologie/Volker Brinkmann
Biosignaturen umfassen ein Profil aus verschiedenen Merkmalen, mit der sich Erkrankungen identifizieren und von ähnlichen Krankheitsbildern trennen lassen. Dazu zählen das Vorhandensein oder Signalstoffe im Körper und die Aktivität von Genen. Forscher haben beispielsweise in den letzten Jahren Signaturen für die Tuberkulose entdeckt, mit denen Ärzte Tuberkulose-Patienten von Gesunden unterscheiden können.
Genauso wichtig ist jedoch die Unterscheidung unterschiedlicher Krankheiten mit ähnlichem Erscheinungsbild wie die Tuberkulose und Sarkoidose. Die Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie haben deshalb mit der Gen- und mikroRNA-Aktivität in Blutzellen sowie Entzündungsstoffen im Blutserum verschiedene Marker ausgewählt und deren Profile bei Tuberkulose- und Sarkoidose-Patienten verglichen. Obwohl beide Erkrankungen in erster Linie die Lungen schädigen und ähnliche Symptome verursachen, gehen sie auf ganz unterschiedliche Ursachen zurück. Während die Tuberkulose durch eine Infektion mit Bakterien hervorgerufen wird, ist die Sarkoidose nicht übertragbar.
Den Untersuchungen zufolge ähneln sich die beiden Erkrankungen nicht nur äußerlich, auch die Biosignaturen sind aus gemeinsamen Elementen aufgebaut. Bei Sarkoidose- und Tuberkulose-Patienten sind die meisten Gene im Vergleich zu Gesunden gleich reguliert: „Von den etwa 13000 Genen, die sich in ihrer Aktivität zwischen Erkrankten und Gesunden unterschieden, sind rund 9000 Gene bei beiden Krankheiten gleich aktiviert. Knapp 700 andere Gene unterscheiden sich in ihrer Aktivität zwischen Tuberkulose- und Sarkoidose-Patienten – mit ihrer Hilfe lassen sich die beiden Erkrankungen also eindeutig identifizieren“, sagt Stefan Kaufmann vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie.
Auch mikroRNAs, die die Bildung bestimmter Proteine unterdrücken und damit die Aktivität von Genen hemmen können, kommen bei beiden Erkrankungen in einem ähnlichen Muster vor. Insgesamt sind rund 150 mikroRNAs bei beiden Erkrankungen im Vergleich zu Gesunden unterschiedlich aktiv. Lediglich vier eignen sich dazu, Tuberkulose- und Sarkoidose-Patienten zu unterscheiden. Das Profil von Entzündungsstoffen im Blut überlappt dagegen weniger stark: Während nur eins dieser Zytokine bei Tuberkulose und Sarkoidose gleichermaßen gegenüber Gesunden verändert ist, eignen sich zwölf dieser Signalstoffe zur Unterscheidung der beiden Erkrankungen.
Die Ergebnisse der Berliner Forscher zeigen, dass veränderte Biomarker auf Vorgänge zurückgehen, die nicht nur bei einer bestimmten Erkrankung auftreten, z. B. Immunreaktionen. Die körpereigene Immunantwort greift also bei unterschiedlichen Krankheitsbildern auf dieselben Grundelemente zurück, und nur wenige dieser Elemente sind für eine bestimmte Erkrankung spezifisch. Abgesehen von den Schwierigkeiten für die Krankheitsdiagnose verraten diese Gemeinsamkeiten den Wissenschaftlern viel über Ursachen und Mechanismen einer Erkrankung.
Eine einzige Biosignatur reicht daher nicht aus, sowohl Gesunde von Kranken als auch die unterschiedlichen Krankheiten mit ähnlichem Erscheinungsbild zu unterscheiden. Die Kombination vieler Gene erhöht zwar Spezifität und Sensitivität bei der Unterscheidung von krank und gesund, führt aber automatisch zu einer geringeren Spezifität gegenüber anderen Krankheitsbildern. „Stattdessen sollten wir zuerst Kranke von Gesunden unterscheiden und dann in den nächsten Schritten die einzelnen Krankheiten voneinander trennen. Pro Schritt können wir eine Erkrankung anhand von etwa zehn Genen eindeutig identifizieren“, erklärt Kaufmann.
Dabei könnten sich Ärzte auf die Krankheiten konzentrieren, die vor Ort tatsächlich vorkommen. In afrikanischen Ländern, in denen die Tuberkulose weit verbreitet ist, ließen sich so Tuberkulose, AIDS und Malaria schnell und eindeutig erkennen.