Das Nervensystem des Verdauungstrakts kann Adipositas fördern
Forscher des Inserm haben in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Lehrstuhls für Humanbiologie der Technischen Universität München (TUM) entdeckt, dass eine zucker- und fettreiche Diät die Zerstörung der Nervenzellen des enterischen Nervensystems verhindert und dadurch Adipositas fördert.
Die Verdauungsfunktionen werden vom enterischen Nervensystem (ENS) – mehr als 100 Millionen Neuronen entlang des Verdauungstrakts – reguliert. Das ENS ist nach dem Gehirn das zweitgrößte neurologische Organ unseres Körpers und spielt eine zentrale Rolle bei der Kontrolle verschiedener Funktionen, von der Verdauungsmotorik (Magen-Darmentleerung, Kolontransit) über die Darmbarriere bis hin zur Nährstoffaufnahme. Seit einigen Jahren decken die Forscher nach und nach die entscheidende Rolle des ENS bei zahlreichen Pathologien auf, nicht nur des Verdauungstrakts (funktionelle bzw. chronisch-entzündliche Darmerkrankungen), sondern auch bei anderen Krankheiten wie Parkinson.
Die Forscher der Inserm-Einheit U913 der Universität Nantes (Pays de la Loire), der gemischten Forschungseinheit (UMR) des Inserm U773 in Paris und der TUM haben gemeinsam den Einfluss einer zucker- und fettreichen Diät auf das ENS und ihre Auswirkungen auf die Magenentleerung und die Darmpassage untersucht. Sie haben herausgefunden, dass diese Diät, wenn sie jungen Mäusen verabreicht wird, den Verlust an ENS-Neuronen vorbeugt, während diese Nervenzellen bei den Kontrolltieren im Laufe der Zeit verschwinden. Die Forscher gehen davon aus, dass die Diät, indem sie die natürliche Entwicklung des ENS verhindert, den Verdauungstrakt daran hindern würde, sich an eine entsprechende Diät im Erwachsenenalter anzupassen. Der ″junge″ Phänotyp des ENS würde somit erhalten bleiben und einer Lebensperiode entsprechen, bei der die Nahrungsaufnahme maximal ist.
Bei den Tieren, die eine zucker- und fettreiche Diät erhalten, verläuft die Magenentleerung zu schnell im Vergleich zu den Kontrolltieren. Dadurch nehmen die Sättigungssignale ab und die Nahrungsaufnahme wird erhöht, was die Adipositas-Entwicklung begünstigen könnte. Das gleiche Phänomen der beschleunigten Magenentleerung wird auch bei Adipositas-Patienten beobachtet.
Physiologisch gesehen geht diese "neuroprotektive" Wirkung der kalorienreichen Diät mit einer Zunahme der Magenproduktion um den Wachstumsfaktors GDNF (engl. glial cell line-derived neurotrophic factor) einher, der wiederum vom Leptin Hormon herbeigeführt wird, das die Sättigung beim Menschen reguliert.
Diese Arbeit unterstreicht die Tatsache, dass Nahrung die Funktionsweise des ENS beeinflussen kann und die Rolle das ENS bei der Entwicklung von Adipositas – insbesondere bei Jugendlichen. Sie könnte dazu beitragen, dass eines Tages neue Ernährungsansätze entwickelt werden, mit denen sich neurodegenerative Verdauungserkrankungen - und sogar Krankheiten des Zentralnervensystems –vorbeugen ließen.
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