Neuer Angriffspunkt für Schmerzmedikamente entdeckt

Förderpreis für Schmerzforschung an Jenaer Forscherin

10.10.2011 - Deutschland

Einen neuen Angriffspunkt für Schmerzmedikamente hat Anne-Katja Imhof identifiziert: In ihren Experimenten konnte sie auf einen bestimmten Hormonrezeptor schließen, der eine schmerzhemmende Wirkung vermittelt. Der Rezeptor, der unter anderem in Nervenzellen vorkommt, ist damit ein mögliches Ziel für schmerzlindernde Wirkstoffe. Für ihre Arbeit wurde sie beim Deutschen Schmerzkongress in Mannheim mit dem mit 7.000 Euro dotierten ersten Preis der Kategorie Grundlagenforschung des Förderpreises für Schmerzforschung 2011 ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich vergeben von der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V., Stifterin ist die Grünenthal GmbH (Aachen).

Botenstoff lindert Schmerz – aber über welchen Rezeptor?

Der Botenstoff Somatostatin ist ein Peptidhormon, das in vielen Zellen des Körpers vorkommt, darunter auch in Entzündungs- und Immunzellen sowie in Neuronen. Seine Wirkung entfaltet es über fünf Rezeptoren (sst1-sst5). In verschiedenen Studien zeigte Somatostatin potente entzündungs- und schmerzhemmende Wirkungen. Bisher war aber nicht bekannt, über welchen der fünf verschiedenen Somatostatinrezeptoren diese Wirkungen vermittelt werden.

Tests mit künstlichem Rheuma

Die Forscherin und ihre Kollegen am Universitätsklinikum Jena haben daher die Wirkung stabiler Substanzen, die genauso wirken wie Somatostatin (Somatostatinanaloga Octreotid und Pasireotid), untersucht. Sie prüften die Wirkung an Mäusen, unter denen sowohl Wildtyp-Mäuse als auch so genannte Knock-out-Mäuse waren, die die entsprechenden Rezeptoren (sst2) aufgrund gentechnischer Veränderungen nicht bilden können. Für die Tests lösten die Forscher bei den Tieren ein künstliches Rheuma aus. Während der Experimente erfassten sie bei allen Tieren Gelenksschwellungen sowie Überempfindlichkeit gegen Schmerz durch Druck und Temperatur. Sie verglichen dabei die Werte von unbehandelten und mit Octreotid bzw. Pasireotid behandelten Tieren. Im Anschluss begutachtete noch ein unabhängiger und nicht in den Versuch eingeweihter Spezialist die Gelenke und die Entzündungszeichen der Tiere.

Neue Zielstruktur für Schmerzmittel

Ergebnis: Schmerzempfindlichkeit und Schwellung waren bei unbehandelten Tieren, die den sst2-Rezeptor nicht herstellen konnten, ähnlich wie bei ihren Wildtyp-Geschwistern. Bei Wildtyp-Mäusen hemmten sowohl Octreotid als auch Pasireotid signifikant die Gelenkschwellung und die Veränderungen der Gelenke und hemmten die Schmerzen. Bei Mäusen, die den sst2-Rezeptor nicht herstellen können, gab es keine schmerzlindernde Wirkung durch Ocreotid, nur noch durch Pasireotid. Keiner der Wirkstoffe linderte die Entzündung bei den Knock-out-Mäusen. „Damit konnten wir zeigen, dass die entzündungshemmende Wirkung von Octreotid und Pasireotid hauptsächlich über den sst2-Rezeptor vermittelt wird“, fasst Anne-Katja Imhof zusammen. „Da Pasireotid in den Knock-out-Mäusen seine schmerzhemmende Wirkung behält und in den schmerzrelevanten Nervenzellen ausschließlich der sst1-Rezeptor nachweisbar ist, legen unsere Untersuchungen nahe, dass der sst1-Rezeptor eine neue pharmakologische Zielstruktur für Schmerzmittel gegen entzündliche Schmerzen ist.“

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