Wie genau schneidet Genchirurgie mit Zinkfingern?

09.08.2011 - Deutschland

Erstmals konnte gemessen werden, wie die Aktivität von Zinkfinger-Nukleasen in lebenden Zellen verteilt ist. Diese wichtigen Erkenntnisse für die klinischen Anwendungen von Genchirurgie bei AIDS, seltenen Erkrankungen und Krebs publizierten Forscher um Prof. Dr. Christof von Kalle vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und Deutschen Krebsforschungszentrum jetzt in Nature Biotechnology.

Zinkfinger-Nukleasen (ZFN) ermöglichen es, DNA-Sequenzen in lebenden Zellen zu schneiden und so vorher festgelegte Gene gezielt zu zerstören oder auszutauschen. Solche ZFN-Genscheren sind eine bahnbrechende Technologie, die neue Möglichkeiten für die wissenschaftliche Forschung als auch die therapeutische Anwendung bieten.

„Jedoch wussten wir bislang nicht, wie die Genchirurgie mit dem Instrument der Zinkfinger-Nukleasen wirklich funktioniert, weil DNA-Brüche in lebenden Zellen sehr schnell repariert werden“, erklärt Christof von Kalle den Forschungsansatz, mit dem sein Team die Aktivität dieser Scheren in vivo, also in lebenden Zellkulturen, untersuchte. „Wir wussten nur, wo diese ZFN schneiden sollen. Jetzt wissen wir auch, wo sie tatsächlich schneiden.“

Mit ihrem in vivo Ansatz erlaubt die Studie zum ersten Mal einen „Schnappschuss“ der tatsächlichen Aktivität von ZFN in lebenden Systemen. Bei der Reparatur gebrochener Genom-Abschnitte bauen Zellen beim Schließen der Lücke nämlich auch andere, zufällig in der Zelle herumschwimmende DNA-Bruchstücke ein. Nach diesen „DNA-Flicken“ konnten die Forscher nun gezielt suchen und so auch die längst wieder geschlossenen Bruchstellen finden. Die gesamte Nuklease-Aktivität im Genom lässt sich so zweifelsfrei bewerten. Dazu erstellten sie einen präzisen Katalog der wirklichen Bindungsstellen für die ZFN-Genscheren, um die Abläufe in der Zelle während der gezielten Genchirurgie zu verstehen. Tatsächlich hefteten sich die Zinkfinger-Nukleasen auch überwiegend an den tatsächlich angestrebten Zielbereich an. Interessanterweise zeigt ihre Aktivität außerhalb dieses Zielbereichs auch eindeutige Gesetzmäßigkeiten auf: Diese anderen von den Genscheren geschnittenen Bereiche hatten mit der Ziel-DNA einen weitgehend übereinstimmenden genetischen Code.

Jetzt konnte das internationale Team der Heidelberger Forscher zusammen mit Kollegen des San Raffaele Telethon Institute for Gene Therapy, Vita-Salute San Raffaele University, Milan, Italy sowie der Firma Sangamo BioSciences, Inc., Richmond, California, USA, die Verlässlichkeit von Verfahren zur gezielten Genabschnittreparatur umfassend klären und bewerten. Die Arbeit der Forscher trägt zum besseren Verständnis des Mechanismus aller neuen Verfahren zur DNA-Chirurgie in lebenden Geweben bei, die unter anderem bereits in der Entwicklungsbiologie, zur Korrektur von Erbkrankheiten oder in der AIDS-Therapie eingesetzt werden. Die in dieser Veröffentlichung dargelegten Arbeiten legen den Grundstein, um gezielt hochspezifische ZFN-Genscheren oder auch andere synthetische Enzyme zu entwickeln und diese sicher und schneller in die breite klinische Anwendung, zum Beispiel Krebs, zu übertragen.

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