Große Ideen können auch winzig klein sein
„Science2Start"-Preisverleihung: Wissenschaftliche Ideen mit wirtschaftlichem Potenzial
Den Hauptpreis des diesjährigen Ideenwettbewerbs erhielt Prof. Dr. Hans-Peter Zenner, Ärztlicher Direktor der Universitäts-Hals-Nasen-Ohren-Klinik in Tübingen. Sein „Rundfensterimplantat mit optischer Strecke" ist der Prototyp eines implantierbaren Hörgeräts, das, im Gegensatz zu herkömmlichen Geräten, mit einer deutlich reduzierten Energieversorgung auskommt. Die aus Wissenschaftlern, Wagniskapitalgebern und Unternehmern bestehende Jury des dritten Science2Start-Wettbewerbs überzeugte dieses Gründungsprojekt, weil es neben der wissenschaftlichen Expertise auch die Bedingungen für den wirtschaftlichen Erfolg erfüllt. Schließlich leiden in Europa 40 Prozent der über 65-Jährigen an Schwerhörigkeit, was einer Patientenzahl von über fünfzig Millionen entspricht. Bisher müssen so genannte aktive Mittelohrimplantate mit ihrem relativ großen Platzbedarf für die Energieversorgung in einer aufwändigen Operation in unmittelbarer Nähe zu sensiblen Strukturen wie dem Gesichtsnerv eingepflanzt werden. In einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, geförderten Projekt hat Prof. Zenner gemeinsam mit seinem Team ein implantierbares Hörgerät entwickelt, das lediglich aus einer photovoltaischen Empfängerschaltung besteht, die mit einem direkt an das Innenohr gekoppelten Aktor verbunden ist. Dieser Wandler ist kleiner als ein Reiskorn und überträgt die Schallinformationen in das Innenohr.
Die Preisgelder in Höhe von diesmal insgesamt 4.500 Euro, wurden erneut gesponsert von Völker & Partner, Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer aus Reutlingen. Ehrengast Erwin Staudt, ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsführung der IBM Deutschland GmbH und langjähriger Präsident des VfB Stuttgart, überreichte am Abend gemeinsam mit BioRegio STERN-Geschäftsführer Dr. Klaus Eichenberg die Urkunden.
Den zweiten Preis erhielt Dr. Christian Böhm vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart für seine „Integrierte Tropfensensorik". Mit Hilfe der Mikrofluidik, also der Manipulation kleinster Flüssigkeitsmengen in Mikrostrukturen, entwickelte er integrierte Mikrotropfen, die nicht nur als Reaktionsräume, sondern auch als Sensoren einsetzbar sind. Eine Änderung der Tropfengröße dient als neuartiger Marker für die Aktivität von Zellen oder Biokatalysatoren innerhalb der Tropfen. Durch einfache Filterung können die Tropfen identifiziert und die aktiven Komponenten isoliert werden. Die Entwicklung ermöglicht es, eine Reihe von Testverfahren vollständig zu miniaturisieren.
Auf den dritten Platz kamen Julia Schütte und Simon Werner vom Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut an der Universität Tübingen in Reutlingen. In ihrem Gründungsprojekt „HepaChip" entwickelten sie einen neuartigen organähnlichen 3D-Zellkulturtest auf Basis primärer humaner Leberzellen. Während diese in herkömmlichen Zellkulturtests häufig ihre Leberfunktionen verlieren, ermöglicht der HepaChip den Erhalt der natürlichen Funktionen. Dieses organähnliche System macht es möglich, Reaktionen der Leber auf einzelne Wirkstoffe zu erkennen. Mit dem HepaChip-System können potenzielle Wirkstoffe schon vor der kostenintensiven klinischen Phase auf Lebertoxizität untersucht werden. Finanzielle Verluste, vor allem aber Schäden durch unerwartete Nebenwirkungen können minimiert werden. Denn ein erheblicher Teil von Medikamenten, die nach ihrer Zulassung vom Markt zurückgenommenen werden, weisen leberschädigende Nebenwirkungen auf.
Dr. Klaus Eichenberg, Geschäftsführer der BioRegio STERN Management GmbH und einer der Gastgeber, freut sich, dass die zahlreichen Unternehmer, Wissenschaftler, Politiker, Berater und Finanziers den Sommerempfang - trotz des Regens - im historischen Ambiente des Hohenheimer Schlosses für intensiven Gedankenaustausch und internationales Netzwerken nutzten: „Da Kooperationspartner aus dem EU-Projekt FASILIS zu Gast waren, konnten in diesem Jahr sogar weit über Grenzen der Regionen hinweg Kontakte geknüpft werden."