Der Körber-Preis 2011 geht an Stefan Hell: Auflösungsgrenze von Lichtmikroskopen überwunden
Wie tief können wir mit optischen Mikroskopen in die Details des Sichtbaren vordringen? Bislang galt das von Ernst Abbe schon 1873 formulierte Gesetz als Untergrenze. Objekte, die enger als 200 Millionstel Millimeter, also etwa das Zweihundertstel einer Haaresbreite, nebeneinander liegen, können im Bild nicht mehr unterschieden werden. Grund dafür ist die Wellennatur des Lichts, dessen halbe Wellenlänge in etwa diesen 200 Nanometern entspricht.
Die vom Göttinger Physiker Stefan Hell erfundene und zur Anwendungsreife entwickelte STED-Mikroskopie (das Kürzel steht für Stimulated Emission Depletion – stimulierte Emissions-Löschung) ermöglicht Forschern Einblicke in die Nanowelt weit jenseits dieser Grenze. Dies wissen insbesondere Biologen und Physiologen zu schätzen, da sich lebende Zellen oder Gewebe nur mit Lichtmikroskopen beobachten lassen. So gelang es Hirnforschern 2008 mit der neuen Auflösung von nur noch einigen Dutzend Nanometern erstmals, die Bewegungen winziger Synapsenbestandteile in lebenden Nervenzellen sichtbar zu machen. Darüber hinaus eröffnet die STED-Technik auch vielversprechende Perspektiven für die Weiterentwicklung optischer Speichermedien.
Stefan Hell überwand die von Abbe definierte Grenze in der Fluoreszenz-Mikroskopie. Bei diesem in der Biologie und medizinischen Forschung weit verbreiteten Verfahren werden die zu untersuchenden Proben mit fluoreszierenden Farbstoffen markiert und beleuchtet – zum Beispiel mit einem fokussierten Laserstrahl. Der Strahl regt die Farbstoffe zum Aussenden von Fluoreszenzlicht an und macht so die markierten Zellbestandteile sichtbar. Das von eng benachbarten Punkten ausgesandte Fluoreszenzlicht verschwimmt zwar auch hier zu einem verwaschenen Fleck. Hell fand jedoch einen einfachen Trick, Abbe's Schranken zu brechen. Er sorgt dafür, dass die vom Anregungslicht beleuchteten Zellbestandteile nicht alle auf einmal aufleuchten, sondern nacheinander. Dazu verwendet er einen zweiten Strahl (STED-Strahl), der die Fluoreszenzmarker temporär am Leuchten hindert – also ausschaltet.
In seinem STED-Mikroskop überlagert Hell die etwa 200 nm große Kreisfläche des Anregungs-Lichtstrahls mit diesem zweiten, ringförmig ausgebildeten »Ausschalt-Strahl«, der die Probe bis auf einen sehr engen Bereich in der Mitte des Ringes verdunkelt. Nur die Moleküle in dieser Zone werden noch registriert. Lässt man nun die beiden Strahlen über die Probe rasterförmig wandern, so kann man auch Zellbestandteile trennen, die viel enger benachbart sind als 200 nm. Die Bilder werden infolgedessen um ein Vielfaches schärfer.
Das Preisgeld erhält er für die Erforschung neuer Fluoreszenzfarbstoffe, die sich mit viel weniger Licht an- und ausschalten lassen. Damit würde sich die erreichbare Auflösung nochmals erhöhen. Überdies ließe sich die potentiell schädigende Wirkung auf die beobachteten Zellen und Gewebe reduzieren, da die Intensität der benötigten Laserstrahlung geringer wäre.
Stefan Hell ist seit 2002 Direktor am Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie. Geboren 1962 im rumänischen Banat, studierte er Physik an der Universität Heidelberg, wo er auch promovierte. Nach Forschungsstationen am EMBL in Heidelberg, an den Universitäten Turku und Oxford hat er neben seiner Tätigkeit in Göttingen die Leitung einer Abteilung am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg inne.
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Themenwelt Fluoreszenzmikroskopie
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