Fast wie im wahren Leben: Zell-Kultur-Modelle biologischer Barrieren kommunizieren miteinander
An dem mit drei Millionen Euro geförderten Projekt beteiligt ist auch Claus-Michael Lehr, Professor für Pharmazie und Pharmazeutische Technologie der Saar-Uni und Abteilungsleiter am neuen Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS). „InLiveTox“ ist eines der Themen einer internationalen Konferenz über „Quasi-Vivo“-Testsysteme, zu der jetzt rund hundert Experten im Saarbrücker Schloss zusammen kamen.
Darm, Blutgefäße und Leber gehören zu den biologischen Barrieren des Körpers: Sie riegeln ihn vor Krankheitserregern und anderen schädlichen Partikeln ab, und dienen andererseits als „Eintrittspforten“ für nützliche Substanzen wie Medikamente. Um die Transportvorgänge an diesen biologischen Barrieren zu untersuchen, entwickeln Wissenschaftler weltweit künstliche Testsysteme auf Zell- und Gewebebasis, mit denen sie die einzelnen Schranken des Körpers durch „in-vitro“-Experimente (im Reagenzglas) nachahmen.
Um dabei möglichst natürliche Testbedingungen zu schaffen und den lebenden Organismus noch besser zu modellieren, wurde das Projekt „InLiveTox“ ins Leben gerufen. Die EU fördert es mit drei Millionen Euro über eine Laufzeit von drei Jahren. Seine Besonderheit: Bei „InLiveTox“ werden erstmals drei biologische Barrieren in einem integrierten „in-vitro“-Modell hintereinander geschaltet. „Wir wollen Magen-Darm-Trakt, Blutgefäße und Leber in einem einzigen Versuchssystem zusammenfassen“, erläutert Professor Claus-Michael Lehr, der mit seinem Team im Projekt an der Nachahmung von Darmschleimhaut arbeitet. Gemeinsam mit den Projektpartnern aus verschiedenen europäischen Ländern und den USA sollen die einzelnen Bausteine im nun beginnenden dritten Projektjahr zusammengeführt werden. „Das neue an diesem Ansatz ist, dass die verschiedenen Barrieren miteinander in Verbindung stehen – genau wie die entsprechenden biologischen Gewebe im Körper“, sagt Claus-Michael Lehr. Ein gutes Testsystem müsse hinreichend komplex sein, andererseits aber möglichst robust und standardisierbar. Der Wissenschaftler der Universität des Saarlandes und Abteilungsleiter am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) ist überzeugt, dass sich durch Versuche an solchen „quasi-vivo“-Modellen die Zahl der Tierversuche in Zukunft verringern lässt. Neben der Prüfung der Toxizität von Chemikalien und Nanomaterialien könnten integrierte Systeme auch in andere Forschungsbereiche Eingang finden, beispielsweise bei der Entwicklung neuer Arzneimittel, der Wundheilung und bei der Arzneimittelentwicklung.
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