Krebs automatisch erkennen
Spektrale Krebsmarker: Wegbereiter neuer Technik
Darmkrebs: Automatische Diagnose und Prognose
Die histologische oder zytologische Untersuchung, die auch zum Screening zum Beispiel gegen Gebärmutterhalskrebs genutzt wird, basiert auf der mikroskopischen Inspektion von angefärbten Zellen oder Gewebeschnitten. Dabei nutzt man morphologische und Gewebestruktur-basierte Kriterien zur Diagnose. Automatisierte Techniken, die bei der Erkennung von Gewebsmustern helfen, könnten die Diagnose erleichtern oder bestimmte Merkmale validieren. Im Center for Vibrational Microscopy(CVM) und im Proteinforschungszentrum PURE (Sprecher: Prof. Dr. Klaus Gerwert) suchen Forscher daher spektrale Krebsmarker. Prof. Diem wird eng mit den RUB-Forschern zusammenarbeiten, insbesondere bei der Etablierung spektraler Methoden zur Erkennung, Diagnose und Prognose von Darmkrebs (Kolonkarzinom). Das CVM und PURE arbeiten auch eng zusammen mit Prof. Dr. Wolff Schmiegel und Prof. Dr. Andrea Tannapfel (RUB-Universitätsklinik Bergmannsheil und Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer), die ihre medizinische und diagnostische Expertise und nicht zuletzt Gewebeproben einbringen.
Schnappschuss der Zellzusammensetzung
Im letzten Jahrzehnt hat Prof. Diems Forschungsgruppe in Boston bahnbrechende Arbeiten zur Anwendung der Infrarot-Spektroskopie und Infrarot-Spektralabbildung (Infrared Spectral Imaging) für die medizinische Diagnostik durchgeführt. Die spektralen Messungen, gekoppelt mit computerbasierten Methoden der multivariablen Statistik, wurden dabei zu Erkrankungszuständen von Zellen und Geweben in Bezug gesetzt. Das funktioniert so: Bestrahlt man eine Zelle oder ein Gewebe mit Infrarotstrahlung, werden bestimmte Frequenzbereiche absorbiert. Das führt zur einer Schwingungsanregung der Molekülbindungen, die man im gemessenen Spektrum sehen kann. Die dazu notwendigen Frequenzen erlauben Rückschlüsse auf Eigenschaften des bestrahlten Gewebes. "Das Infrarotspektrum einer Zelle oder eines Gewebepixels beschreibt einen Schnappschuss der gesamten biochemischen Zusammensetzung der Zelle oder eines Gewebeschnitts", verdeutlicht Prof. Gerwert. "Diese Zusammensetzung ist bei normalen und krankhaften Zuständen verschieden." Da die biochemische Zusammensetzung von einem Spektrometer gemessen und mittels Computer ausgewertet wird, wird die Arbeit der Pathologen erheblich unterstützt, ähnlich wie das Fahrerassistenzpaket beim Autofahren.
Gemeinsam Datenbanken erstellen
Prof. Diems "Labor für Spektrale Diagnose" (LSpD) an der Northeastern University ist mit über sieben Millionen US-Dollar vom Amerikanischen Gesundheitsministerium für dieses Projekt gefördert worden. In den letzten vier Jahren wurden die Ergebnisse dieser Forschung in 40 wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Buchkapiteln publiziert. Eine vorklinische Studie zur Früherkennung von Mundkrebs mit der spektralen Zytologie läuft derzeit am LSpD. Darüber hinaus werden in Zusammenarbeit mit der Pathologiegruppe am Tufts University Medical Center in Boston neue Methoden erforscht, um Mund-, Gebärmutterhals- und Lungenkrebs automatisch zu erkennen. Weiterhin wurden Methoden zur Prognose von Brustkrebs entwickelt für Patientinnen, die Metastasen in den Lymphknoten der Achselhöhlen haben. Im November 2010 unterzeichneten die Northeastern University einen Linzenzvertrag mit einem neu gegründeten Unternehmen, um die vom LSpD entwickelte Technologie zu vermarkten. Die Zusammenarbeit zwischen dem LSpD und dem Lehrstuhl für Biophysik an der RUB wird die Forschung auf diesem Gebiet weiter vorantreiben und spektrale Datenbanken und Korrelationen zwischen spektraler Information, Histopathologie und biologischen Krebs-Markern erstellen.