Arzneimittelinnovationen setzen sich in Deutschland langsamer durch als in anderen großen EU-Ländern
Evidenzbasierte Studie von IMS HEALTH zeigt Unterschiede auf
Trotz sofortiger Verschreibungs- und Erstattungsfähigkeit dauert es in Deutschland länger als in den meisten größeren EU-Ländern, bis sich Innovationen in der täglichen Praxis beim Arzt durchsetzen. Dies hat die neue „Launch Excellence“-Studie von IMS HEALTH gezeigt, in der die Penetrationsraten innovativer Arzneimittel in fünf größeren Ländern der Europäischen Union verglichen wurden. In Deutschland erreichen neue Wirkstoffe ein Jahr nach Markteinführung einen signifikant geringeren Marktanteil als in Frankreich, Italien und Spanien.
Durch das ab 2011 in Kraft tretende Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) könnte sich dieses Phänomen noch verschärfen. Darauf weist Dr. Frank Wartenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung von IMS HEALTH in Deutschland, hin: „Bislang waren Deutschland und Großbritannien die beiden Länder, in denen Innovationen zuerst auf den Markt gebracht wurden. Dadurch haben Patienten in diesen Ländern früher vom medizinischen Fortschritt profitiert. Durch das AMNOG könnte sich dies wesentlich ändern, weil sich die Risikosituation für die Industrie aus einer globalen bzw. europäischen Perspektive wesentlich verschiebt. Wir verfolgen in unseren Projekten auf europäischer und globaler Ebene Diskussionen, bei denen ernsthaft diskutiert wird, die Einführung neuer Medikamente in Deutschland länger abzuwarten bzw. komplett zu hinterfragen“.
Für diese Perspektive gelten vor allem zwei Faktoren als maßgeblich. Zum einen verliert Deutschland seinen Status als Referenzland für die Preisbildung in Europa. Zum anderen kann die vorgesehene frühe Nutzenbewertung von Präparaten bei ungünstigem Bewertungsausgang zu einer Stigmatisierung der entsprechenden Produkte führen. Oftmals sind nämlich längere zeitliche Betrachtungen notwendig, um überhaupt einen Nutzen nachweisen zu können, etwa bei Krebsmedikamenten. In der Frühphase sind die Interventionsmöglichkeiten in Deutschland jedoch sehr begrenzt.
Eine weitere Belastung ergibt sich für in Deutschland forschende Unternehmen, wenn Präparate des Bestandsmarktes Nutzenbewertungen unterzogen werden und daraus zusätzliche Preisanpassungen resultieren. Denn mit dem seit August d.J. in Kraft getretenen GKV-Änderungsgesetz werden über die Maßnahmen Preismoratorium und Erhöhung der Herstellerzwangsrabatte die Wirtschaftlichkeitsreserven für die nächsten Jahre tangiert. Innovationen und neue Präparate werden jedoch durch Mischkalkulation mit den Präparaten im Bestandsmarkt finanziert wie das Beispiel Schmerztherapeutika zeigt. Hier werden Innovationen und Fortschritte nämlich fast ausschließlich durch deutsche mittelständische Unternehmen vorangetrieben.
Viele Unternehmen müssen zudem mit einem schwächeren Gewinnwachstum infolge des Ablaufes von Patenten in Milliardenhöhe rechnen. „Das Patent Cliff betrifft die Unternehmen in Deutschland in den nächsten drei Jahren in der Größenordnung von bis zu 1 Mrd. Euro pro Jahr“, so Wartenberg.
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