Zwei Forscher von MDC und Charité erhalten Millionenförderung vom European Research Council

03.11.2010 - Deutschland

Der amerikanische Diabetesforscher Dr. Matthew Poy und der britische Neurowissenschaftler Dr. James Poulet, beide vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch und der Charité - Universitätsmedizin Berlin, erhalten vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) in den kommenden fünf Jahren jeder Forschungsgelder in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro. Sie gehören damit zu den rund 427 Spitzenforschern, die der ERC aus 2873 Bewerbern zur Förderung in diesem Jahr ausgewählt hat.

Mit seiner Forschung will Dr. Poy dazu beitragen, die Therapie von Diabetes zu verbessern, insbesondere was die Transplantation von Bauchspeicheldrüsen anbetrifft, und die Entwicklung neuer Therapien erleichtern. Dr. Poulet, der am Excellenzcluster NeuroCure angesiedelt ist, erforscht die Funktion bestimmter Nervenzellen der Grohirnrinde (Cortex). Dieser Teil des Gehirns spielt eine Schlüsselrolle für die Sinneswahrnehmumg, die Bewegungssteuerung, das Gedächtnis und die Wachsamkeit.

MicroRNAs und Diabetes

Dr. Poy erforscht bestimmte Gene, sogenannte microRNAs, und die molekularen Mechanismen bei Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes. Mit der ERC-Förderung will er untersuchen, wie die microRNAs in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse, die das Insulin produzieren, das Zusammenspiel mit den Nerven- und Blutgefäßzellen regulieren, von denen sie umgeben sind. Vor allem interessiert ihn, wie diese Kooperation im gesunden Organismus funktioniert und was sich verändert, wenn der Organismus an Diabetes erkrankt. Er wird auch mit Mäusen arbeiten, um weitere Gene zu identifizieren, die das Zusammenspiel dieser verschiedenen Zellen vermitteln.

Wie drängend das Problem mit Diabetes ist, verdeutlichen Zahlen, die die Weltgesundheitsorganisation WHO kürzlich veröffentlicht hat. Sie geht davon aus, dass derzeit weltweit mehr als 220 Millionen Menschen an Diabetes leiden. „Sowohl bei Diabetes Typ 1 als auch bei Diabetes Typ 2 arbeiten die Beta-Zellen der Bausspeicheldrüse nicht mehr richtig und gehen schließlich zu Grunde“, erläutert Dr. Poy. Die Beta-Zellen produzieren das lebenswichtige Hormon Insulin. Es reguliert den Blutzucker, der ein wichtiger Energielieferant des Körpers ist.

Diabetes tritt auf, wenn die Bauchspeicheldrüse nicht genügend Insulin produziert, oder wenn der Körper das Insulin nicht nutzen kann. Bei Patienten, die an Diabetes Typ 1 erkrankt sind, ist der Blutzuckerspiegel erhöht, weil die Beta-Zellen als Folge einer fehlgeleiteten Reaktion des Immunsystem zerstört sind und kein Insulin mehr produzieren können. Diese Patienten müssen deshalb ihr Leben lang Insulin spritzen.

Aber auch bei Patienten mit Diabetes Typ 2, bei denen zunächst Diät und Tabletten ausreichen, um ihren Blutzuckerspiegel unter Kontrolle zu halten, können die Beta-Zellen im Laufe der Erkrankung zugrunde gehen, so dass auch sie dann Insulin spritzen müssen. Unbehandelt führt die Erkrankung zu schweren Schäden des Herz-Kreislauf- und Nervensystems, der Nieren und Augen.

Da die Insulinbehandlung jedoch auch Nebenwirkungen hat, versucht die Medizin Patienten entweder Beta-Zellen oder eine ganze Bauchspeicheldrüsen von Spendern zu verpflanzen, um ihnen das Insulinspritzen zu ersparen. Der Erfolg ist allerdings gering.

Dr. Poy war 2008 als Helmholtz-Nachwuchsgruppenleiter von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, Schweiz, nach Berlin gekommen. Er leistete einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Zuckerstoffwechsels im gesunden Organismus und untersuchte die Prozesse, die zur Entstehung von Diabetes führen. Vor allem konnte er zeigen, dass microRNAs eine entscheidende Rolle bei der Regulierung von Stoffwechselprozessen spielen. Dr. Poy studierte und promovierte am Medical College of Ohio in Toledo, USA, in Biomedizin, und arbeitete, bevor er nach Europa kam, in den USA an der Rockefeller Universität New York.

Gehirnaktivität und Verhalten

Dr. Poulet erforscht Veränderungen im Gehirn, die auf Aktivitäten der Nervenzellen (Neuronen) zurückgehen. Dieses Phänomen, in der Forschung als Gehirnzustand oder „brain state“ bezeichnet, wurde erstmals 1929 bei einem Menschen in wachem Zustand aufgenommen. Seither gibt es viele Aufzeichnungen darüber von der Maus bis zum Menschen. Die Forschung geht davon aus, dass Veränderungen des Gehirnzustands für die normale Funktion des Gehirns und die Signalverarbeitung wichtig sind. „Doch bisher ist nur sehr wenig darüber bekannt, welche neuronalen Mechanismen diese Veränderungen des Gehirnzustands hervorrufen und welche Auswirkungen sie auf die Signalverarbeitung und das Verhalten haben“, erläutert Dr. Poulet.

Er will deshalb jetzt die Aktivität der Neuronen in der wachen, mit ihren Schnurbarthaaren tastenden Maus aufzeichnen, um die Vernetzung und die zellulären Mechanismen, die bei der Veränderung des Gehirnzustands eine Rolle spielen, zu untersuchen. Dazu setzt er elektrophysiologische und optische Techniken sowie Methoden der Verhaltensforschung ein. Bereits in früheren Arbeiten hatte er solche Veränderungen bei der Maus untersucht. Er hofft mit seinen Arbeiten neue Wege zur Behandlung neurologischer Erkrankungen wie Schlaganfall oder Epilepsie eröffnen zu können.

Als Doktorand war der Neurowissenschaftler maßgeblich an der Endeckung eines Phänomens beteiligt, das Forscher als „Efferenzkopie“ oder „interne Rückkopplung“ (corollary discharge) bezeichnen. Es sorgt dafür, dass Grillen von ihrem eigenen Lockgesang nicht taub werden und es ist auch dafür verantwortlich, dass man sich zum Beispiel nicht selbst kitzeln kann. Die „interne Rückkopplung“ ist ein Signal im Gehirn, das die Wahrnehmung von Reizen (Töne oder Berührungen), die der Körper selbst erzeugt, herausfiltert.

Dr. Poulet, der über das MDC finanziert wird, das neben anderen Einrichtungen an NeuroCure beteiligt ist, war bis Sommer 2009 Postdoktorand an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne, Schweiz, wo es ihm als erstem gelang, die intrazelluläre Aktivität zweier Nervenzellen der Großhirnrinde im wachen Tier aufzuzeichnen. Dr. Poulet stammt aus London, England. Er studierte an der Universität von Bristol Biologie, promovierte 2002 an der Universität Cambridge (England) und war dort von 2003 bis 2005 Postdoktorand.

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