Nerven bewahren - Wie können Kalziumkanalblocker den Zelltod nach Verletzungen des Nervensystems aufhalten?
Göttinger Wissenschaftler entschlüsseln Mechanismen und finden einen Weg, um der Zerstörung von Nervenzellen nach Verletzungen entgegenzuwirken
Es ist bekannt, dass in den ersten fünf Stunden nach einer Verwundung des Rückenmarks auch viele an die Verletzungsstelle angrenzende Nervenfasern zerstört werden. Ein rascher Anstieg der Kalzium-Konzentration innerhalb der Nervenfasern des verletzten Bereichs wird dafür verantwortlich gemacht. Diese Axone wären aber später unabdingbar für die Wiederherstellung der verletzungsbedingten Funktionsverluste.
Priv.-Doz. Dr. Lingor und sein Team haben den Sehnerv von Ratten als Modellsystem verwendet, um diese verletzungsbedingten Kalzium-Einströme in die Zelle genauer zu studieren. Sie konnten zeigen, dass in Folge des Kalzium-Einstroms Signale ausgesandt werden, die die Axone sich selbst verdauen lässt (sog. Autophagie). Der Prozess führt schließlich zum Absterben dieser Nervenzellfortsätze. Die Wissenschaftler haben einen Weg gefunden, wie man diese Abbauprozesse über eine Modulation des Kalzium-Spiegels stoppen kann.
"Durch die Verwendung von Kalziumkanalblockern konnten wir den Einstrom von Kalzium-Ionen in die Nervenfasern verhindern und so deren frühe Zerstörung unmittelbar nach der Verletzung bremsen", sagt Priv.-Doz. Dr. Paul Lingor. "Entscheidend ist jedoch, dass diese potenzielle Therapiemethode rasch nach erfolgter Verletzung ansetzen muss. Nur so gelingt es, viele Nervenfortsätze zu retten und Patienten z.B. mit einer Rückenmarksverletzung zu helfen", so Lingor weiter.
Originalveröffentlichung: Knöferle J, Koch JC, Ostendorf T, Michel U, Planchamp V, Vutova P, Tönges L, Stadelmann C, Brück W, Bähr M, Lingor P (2010); "Mechanisms of acute axonal degeneration in the optic nerve in vivo"; PNAS, Volume 107, Issue 13, Seiten 6064-6069
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